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Kriminalität Kriminalität: Jagd nach den Mördern unter uns

Von Simone Andrea Mayer 16.08.2009, 08:56

Magdeburg/Dessau-Roßlau/Halle/dpa. - Sie leben unerkanntmitten unter uns: Mörder, die selbst Jahrzehnte nach ihren Verbrechenbisher noch nicht gefasst werden konnten. Seit 1990 habe die Polizeiin Sachsen-Anhalt 25 Mordfälle noch nicht aufgeklärt. Auch aus DDR-Zeiten stapeln sich noch Akten bei den Mordkommissionen. Doch an dassogenannte perfekte Verbrechen glaubt der Mord-Ermittler Harald Meiernicht - er und seine 13 Beamte der Mordkommission Magdeburg lassennicht locker und lesen sich immer und immer wieder durch vergilbteAkten, holen Beweismittel aus der Asservatenkammer und befragenZeugen.

«Wir lassen keinen Mörder laufen. Wir wollen den Täter - auch wennes manchmal sehr lange dauert», sagt Meier. Den Ermittlern brennt zumBeispiel dieser Fall von 2004 auf der Seele: Ein 47-Jähriger wird anFüßen gefesselt, mit Gewichten beschwert, in den Fluss geworfen. DerKopf des Mannes aus dem sächsischen Radeberg ist mit einemPlastikband umwickelt. Der Mann liegt so zwei Wochen im Wasser bis erin Halle gefunden wird.

Die Aktenberge stapeln sich im Zimmer der Mordermittler in derMagdeburger Polizeidirektion. Ein Fall aus den 1980ern umfasst ganze18 Ordner, ein anderer rund 30. «Wir haben erst kürzlich die Fälleneu verteilt», sagt Meier zur Arbeit der Ermittler. «Hat man sich zulange mit einem Fall beschäftigt, steckt man zu tief drin. Man kenntjedes Detail, jeden Satz aus den Verhören - und kommt nicht weiter.»So ist auch der Fall aus dem Jahr 1997 in Schackstedt (Salzlandkreis)noch ungeklärt. Eine 75-jährige Frau wird von einem Unbekanntenerschlagen, die Rentnerin später in einer Blutlache in einer Kammerihres Hauses gefunden.

Elf offene Fälle bearbeiten die Magdeburger Ermittler, zehn liegenlaut einer Liste des Landeskriminalamtes in Dessau-Roßlau, vier inHalle. Nicht alle Polizisten sprechen so offen über ihre langwierigeArbeit wie Meier. 90 Prozent aller Morde werden aufgeklärt und dasmeist innerhalb weniger Tage nach der Tat, sagt er. PolizeisprecherRalf Moritz aus Dessau-Roßlau betont zudem: «Wir haben eine sehr hoheAufklärungsquote bei Gewaltverbrechen.» Bei Fahrraddiebstählen daueredies oft länger.

Dennoch gibt auch in dieser Region ein lange zurückliegenderMordfall den Ermittlern noch Rätsel auf: 1994 bei Oranienbaum. Ineinem Wald finden Kinder ein Skelett eines Mannes. Sein Mörder hatwahrscheinlich auf das Opfer aus der Region Leipzig geschossen. Aberdie Leiche ist so stark verwest, dass die Todesursache und derTathergang bis heute nicht sicher geklärt werden konnten.

Neue Techniken und wissenschaftliche Methoden erhöhen die Chance,dass auch Fälle, die erstmal unklar sind, im Laufe der Jahre gelöstwerden. «Der Täter steht in unseren Köpfen oft schon fest, aber wirkönnen es ihm nicht beweisen», sagt Meier. «Wir sind daher nichtperfekt. Erst wenn wir alles auswerten können, was wir haben,schnappen wir auch jeden Mörder.»

Das hoffen die Ermittler auch für einen der ältesten ungelöstenFälle in Sachsen-Anhalt: 1988 in Wernigerode im Harz. Ein Mannvergeht sich an einer Pastorin, erwürgt sie und versteckt sie imdamaligen DDR-Grenzgebiet unter Zweigen. Die Leiche der 50-Jährigenwird ein Vierteljahr später gefunden, stark verwest. 21 Jahre liegtdie Tat nun zurück.