Kriminalität Kriminalität: «Ich wollte ihn glücklich machen»

Limburg/dpa. - Sie hat sich nie gewehrt. Nicht, als ihr Mann anfing, sie sexuell zu quälen. Nicht, als Vorwürfe laut wurden, er missbrauche ihre damals neunjährige Tochter. Und auch nicht, als er in der Nacht zum 9. Oktober 1994 nach einem heftigen Ehestreit einen «Liebesbeweis» von ihr forderte, der zum Doppelmord an den 16 Jahre alten Schülerinnen Jasmin und Yvonne führte. Nach knapp acht Monaten Verhandlungsdauer im Limburger «Sadisten-Prozess» wird am Mittwoch (26. März) das Urteil gegen das angeklagte Paar aus dem Westerwald erwartet.
Den Abend des 8. Oktober, ein Samstag, hatte Monika K. allein zu Hause verbracht. Ihr Mann war ohne sie zu einer Geburtstagsfeier gegangen, weil er dort eine andere Frau treffen wollte. Als er nachts endlich heimkam, war die heute 44-Jährige völlig aufgelöst. «Sie hat geheult, dass sie mich liebt und pipapo. Ich sagte, sie soll mir das beweisen», erklärte der 42 Jahre alte Maurer vor dem Landgericht. Doch sie weigerte sich, von ihm chloroformiert und gequält zu werden - diese Tortur hatte sie bereits früher über sich ergehen lassen.
«Holen wir uns eine», beschlossen die Eheleute dem Angeklagten zufolge gemeinsam: «Aber wer's gesagt hat, ob sie oder ich, weiß ich beim besten Willen nicht.» Am frühen Sonntagmorgen fuhr Monika K. mit ihrem Mann zu einer Discothek in Elz bei Limburg und bot den beiden Mädchen eine Mitfahrgelegenheit an. Arglos stiegen Jasmin und Yvonne in das Auto. Zwei Tage später wurden ihre Leichen in einem Waldstück bei Wetzlar entdeckt. Die Opfer waren an einer Überdosis Chloroform gestorben.
Sieben Jahre blieb das Verbrechen ungeklärt. Erst im September 2001 kamen die Ermittler mit Hilfe eines Massengentests auf die Spur von Lutz K.. Der genetische Fingerabdruck seines Speichels stimmte mit der DNA-Spur aus dem Schweiß einer weißen Tennissocke überein, die auf einer der Leichen lag. Zuvor war der Maurer bereits mehrfach ins Visier der Polizei geraten: Drei Jahre nach dem Tod der Mädchen war ein anonymer Hinweis auf ihn eingangen. Er wurde vernommen - doch die Beamten fanden keine Anhaltspunkte. Monika K.s Ex-Mann zeigte ihn wegen sexuellen Missbrauchs seiner Tochter aus erster Ehe an - doch eine Psychologin hielt das Mädchen für nicht glaubwürdig.
Die schweren Verletzungen an Jasmins und Yvonnes Körpern stimmten nach Ansicht des Gerichtsmediziners «völlig» mit den von Monika K. geschilderten Sexualpraktiken ihres Mannes überein. Immer wieder habe Lutz ihr Schmerzen zugefügt, sagte die 44-Jährige: «Ich wollte meinen Mann glücklich machen, deshalb hab ich mir das alles gefallen lassen. Er war dann zufrieden.» Aus seinen sadistischen Neigungen machte der Angeklagte auch im Gerichtssaal keinen Hehl. Die Mädchen will er aber nur deshalb an den Genitalien verletzt haben, «damit die Bullen nie auf ein Pärchen kommen».
Die Schülerinnen seien schon tot gewesen, als er sie in der damaligen Wohnung aus zwei Postsäcken herausholte, erklärte der 42- Jährige. Und fügte hinzu, er habe nicht gewusst, «dass die am Chloroform kaputtgehen». «Wenn ich die hätte töten wollen, dann hätt ich die getötet wie jeder normale Mensch - ich hätt sie erstochen oder erwürgt.» Das Verhalten der Eheleute vor Gericht sei eine «Katastrophe», reagierte Jasmins Schwester Melanie auf solche zynischen Sätze. «Die stellen sich hier dar als Opfer - aber für mich sind das keine Opfer, sondern Mörder, Monster.»
Während Monika K. die bisher 29 Verhandlungstage meist ohne jede Regung und mit stoisch gesenktem Blick verfolgte, gab sich ihr Mann unverhohlen aggressiv, kaltschnäuzig und prahlerisch. Noch nie in seiner mehr als 30-jährigen Berufslaufbahn habe er eine «derartige Arroganz und Selbstdarstellung» eines Angeklagten erlebt, bescheinigte ihm Staatsanwalt Bernd Weiß: «Man müsste Sie für immer wegschließen.» Das Publikum applaudierte. K.s Verteidiger konterte, ein Täter dürfe nur dafür bestraft werden, was er getan habe - «nicht dafür, was er ist».
Die Anklage hat für das Paar lebenslang wegen Mordes gefordert: «Sie waren beide Täter.» Der Verteidiger wies den Mordvorwurf zurück und plädierte lediglich auf Körperverletzung mit Todesfolge. Wegen einer schweren Persönlichkeits- und Sexualstörung soll Lutz K. nach dem Willen von Anklage und Verteidigung im Maßregelvollzug therapiert werden. Die Rechtsanwältin von Monika K. wiederum sieht die «Tatherrschaft» bei dem 42-Jährigen und will ihre Mandantin nur als «Gehilfin» bestraft wissen. Monika K. habe das Handeln ihres Mannes ermöglicht - weil sie sich nicht gewehrt habe.