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Kriminalität Kriminalität: Familienvater und Serienmörder ist kein Widerspruch

01.09.2006, 15:39
Den Llw, den ein mutmaßlicher dreifacher Frauenmörder für eine Spedition gefahren hat, durchsuchen Beamte der Spurensicherung am Donnerstag (31.08.2006) auf dem Parkplatz der Polizei in Dillingen. (Foto: dpa)
Den Llw, den ein mutmaßlicher dreifacher Frauenmörder für eine Spedition gefahren hat, durchsuchen Beamte der Spurensicherung am Donnerstag (31.08.2006) auf dem Parkplatz der Polizei in Dillingen. (Foto: dpa) dpa

Siegen/Dillenburg/dpa. - Deram Donnerstag verhaftete 29-Jährige aus Haiger wird voraussichtlichin Hessen angeklagt. Die Akten der Taten in Nordrhein-Westfalen undHessen würden bei der Staatsanwaltschaft in Wetzlar zusammengeführt,sagte der Siegener Staatsanwalt Manfred Lischeck am Freitag.

Konkrete Hinweise auf weitere Taten des geständigen Serienmördersgebe es aber nicht. «Wir haben bei keiner weiteren bekannten StraftatSpuren wie DNA, Fingerabdrücke oder Fasern gefunden, die ihmzuzuordnen sind.» Nun würden Verbrechen mit ähnlicher Vorgehensweiseder Täter verglichen. Mindestens vier Frauen im Alter von 18 bis 32Jahren sind in den vergangenen drei Jahren Opfer des Verbrechersgeworden, der sie auch zu sexuellen Handlungen zwang.

Nach Einschätzung des Kriminalisten Stephan Harbort ist es nichtungewöhnlich, dass es sich bei dem geständigen Serienmörder um einenFamilienvater handelt. «Viele dieser Täter sind sich derVerwerflichkeit ihrer Obsessionen bewusst und unternehmen einenSelbstheilungsversuch, in dem sie bewusst eine Beziehung eingehen»,sagte der Buchautor («Das Serienmörder-Prinzip») in einem Gesprächmit der Deutschen Presse-Agentur. Dies funktioniere aber nur solange, wie die Beziehung eine positive Ausstrahlung auf das Befindendes Mannes habe.

Nach seiner Einschätzung habe der 29-jährige Vater eineszweijährigen Kindes keine harmonische Beziehung mit seiner Ehefraugeführt, sagte Harbort. Dass ihn die Frau mit ihrem Kind verlassenhabe, weil er Prostituierte besuchte, weise auf Krisen während derBeziehung hin. «In der Krise kommen die unterdrückten Bedürfnisseumso stärker hoch», erläuterte Harbort, der sich als Kriminalist seitJahren wissenschaftlich mit Serienmorden befasst. Harbort hält es fürwahrscheinlich, dass der Mann weitere Versuche unternommen habe unddie potenziellen Opfer entkommen konnten.

Jüngstes Opfer des Lkw-Fahrers war Anfang Juli 2006 eine 18 Jahrealte Schülerin aus Kassel. In der Nähe der Autobahn bei Siegen war imNovember vergangenen Jahres die Leiche einer 31-jährigen Polin ausDillenburg entdeckt worden. Das erste bekannte Opfer des als «Brummi-Mörder» gesuchten Mannes war eine 32 Jahre alte Prostituierte, die imNovember 2003 tot in einem Industriegebiet in Dormagen gefundenwurde. «Es ist durchaus möglich, dass dies seine erste Tat war»,sagte Lischeck.

Eine Täterbeschreibung, die von dem überlebenden Opfer abgegebenund in der westhessischen Presse veröffentlicht wurde, hatte zurFestnahme geführt. Dabei sei für die Hinweise weniger das Phantombilddes Täters als die Beschreibung auffälliger Narben am Bauchausschlaggebend gewesen.

Beim Haftrichter habe der Mann «ruhig und gefasst» gewirkt, sagteder Staatsanwalt. «Ich maße mir nicht an, zu sagen: Das ist dertypische Sexualtäter. Er wirkte auf mich ganz normal.» Auch in seinemHeimatort Haiger, in dem die Beamten nach den Hinweisen amMittwochabend zugriffen, sei der Mann nicht weiter aufgefallen.

Der in einem hessischen Gefängnis sitzende Mann soll auch voneinem Psychologen auf seine Schuldfähigkeit untersucht werden. Davonverspreche man sich weitere Erkenntnisse zu den Motiven. Bisher warlediglich davon gesprochen worden, dass der 29-Jährige ein «gestörtessexuelles Verhältnis zu Frauen» habe.