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Kriminalität Kriminalität: Beziehungsstreit war Auslöser für Drama in Rudolstadt

Von Sophia-Caroline Kosel 06.04.2005, 15:40
Bei einer Schießerei in der Innenstadt von Rudolstadt in Thüringen sind am Dienstagnachmittag (05.04.2005) zwei Menschen getötet worden. (Foto: dpa)
Bei einer Schießerei in der Innenstadt von Rudolstadt in Thüringen sind am Dienstagnachmittag (05.04.2005) zwei Menschen getötet worden. (Foto: dpa) dpa-Zentralbild

Rudolstadt/dpa. - 17 Schüsse aus zwei Polizeipistolenbeendeten das Beziehungsdrama. Die Bilanz der Tragödie am Dienstag imostthüringischen Rudolstadt: Zwei Tote und drei Verletzte - darunterein Polizist. Außerdem Ermittlungen des Landeskriminalamtes gegenPolizeibeamte wegen tödlicher Schüsse auf den Auslöser der Bluttat.Einen Tag nach der zunächst mysteriösen Bluttat auf offener Straßehaben die Ermittler am Mittwoch - 26 Stunden nach der Tat - ihrlanges Schweigen gebrochen.

Nun steht fest: Am helllichten Tag kam es unterhalb derHeidecksburg zu einem «Schlichtungsgespräch» zwischen drei Männern.Einer zog eine Waffe, tötete einen 33-Jährigen und verletzte einen32-Jährigen schwer. Dann flüchtete der 34 Jahre alte Täter mit seiner19 Jahre alten Freundin und dem gemeinsamen Baby im Auto, wie LutzSchnelle von der Kriminalpolizeiinspektion Rudolstadt am Mittwochberichtete. In welchem Verhältnis die Beteiligten standen - ob etwaeiner der getroffenen Männer ein Nebenbuhler des Schützen war - istlaut Polizei noch unklar.

Dann raste der Täter eine Straße hinunter, direkt auf einenherbeigerufenen Streifenpolizisten zu. Dieser wurde angefahren undschwer verletzt. Der Beamte und ein Kollege hätten dann auf denFahrer geschossen, sagte Schnelle. Gegen sie werde jetzt ermittelt.«Den beiden geht es den Umständen entsprechend gut, sie befinden sichim Krankenstand.»

Die Polizisten hätten 17 Schüsse auf den Wagen abgegeben, sagteder Rudolstädter Oberstaatsanwalt Jörg Stolz. «Das ThüringerPolizeiaufgabengesetz sieht vor, bei flüchtenden Tätern von derSchusswaffe Gebrauch zu machen», erklärte Ralf Mohrmann, Sprecher derStaatsanwaltschaft in Gera. Der vorbestrafte flüchtende Mann wurdetödlich an der Halsschlagader getroffen, seine Freundin leichtverletzt. Der sechs Monate alte kleine Junge blieb unverletzt. Es warnach der Tragödie aus dem demolierten Wagen gerettet worden.

Zum genauen Motiv des tödlichen Beziehungsdramas konnten dieErmittler noch nichts sagen. Augenzeugen hatten berichtet, es habeeinen Sorgerechtsstreit um das Baby gegeben - und der 34-Jährige habeden Säugling entführen wollen. Fest steht aber: Der Vater des Kindeshat in dem Streit mit den beiden anderen Männern mindestens sechsSchüsse abgegeben. Auf die Polizei habe er nicht geschossen, sagteSchnelle. Die Tatwaffe wurde bislang noch nicht gefunden - weder amTatort unterhalb der Heidecksburg noch in der Wohnung noch im Wagendes Mannes.

Polizei und Staatsanwaltschaft mussten sich am Mittwoch kritischenFragen stellen: Warum wurden Pressekonferenzen immer wiederverschoben? Warum wurden Augenzeugenberichte, die sich nun an richtigherausstellen, nicht bestätigt? «Wir wollten Sie mit harten Datenversorgen - und das ging erst heute», sagte Schnelle. «Sie können unsglauben: Die Polizei hat die ganze Nacht gearbeitet. An Gerüchtenkönnen wir uns nicht beteiligen», sagte Stolz.

Einen Tag nach der Tragödie erinnerte in der einstigenResidenzstadt fast nichts mehr daran. Geselliges Treiben herrschteauf dem Markt am Rathaus, fröhliche Schlagermusik drang aus Fensternder Innenstadt. Nur an der kleinen Straße, die zum Tatort führt,hielten noch zwei Polizeibeamte Wache vor einem rotenAbsperrbändchen. Daneben standen Blumen und Kerzen.