Migration Krach „fassungslos“ über „Stadtbild“-Spruch von Kanzler Merz
Sind Menschen mit Migrationsgeschichte ein „Problem im Stadtbild“? Diese Worte wählte Kanzler Merz. SPD und Grüne haben dazu eine klare Haltung. Auch Berlins Regierender Bürgermeister äußert sich.

Berlin - Der SPD-Politiker Steffen Krach wirft Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) vor, mit seinen jüngsten Äußerungen über Migration im Stadtbild rechte Ressentiments zu bedienen. „Dass nach Markus Söder nun auch Bundeskanzler Friedrich Merz eine solche Aussage trifft, macht mich fassungslos“, erklärte der designierte SPD-Spitzenkandidat für die Berlin-Wahl 2026.
„Zwei führende Christdemokraten haben innerhalb weniger Tage bewusst Menschen mit Migrationsgeschichte als Problem im Stadtbild bezeichnet und in diesem Zusammenhang auch noch von Rückführungen gesprochen.“ Beide sorgten dafür, dass Menschen mit Migrationsgeschichte sich hierzulande unerwünscht fühlten.
Brandenburgs Grünen-Vorsitzender Clemens Rostock warf Merz Rassismus vor. „Problematisch ist nicht nur, dass Friedrich Merz Migration zum Problem erklärt – sondern vor allem, dass er offenbar Menschen allein nach ihrem Aussehen als nicht dazugehörig markiert.“ Und weiter: „Das ist rassistisch, und das ist ein echtes Problem für unser Land. Wer Integration will, darf Menschen nicht wegen ihrer Hautfarbe, Herkunft oder Religion zum Sündenbock machen.“
Merz: „Haben im Stadtbild noch dieses Problem“
Merz war bei einem Termin in Potsdam am Dienstag von einem Reporter auf das Erstarken der AfD angesprochen worden. Er sagte daraufhin unter anderem, dass man nun frühere Versäumnisse in der Migrationspolitik korrigiere und das man Fortschritte mache. Merz fügte an: „Aber wir haben natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem, und deswegen ist der Bundesinnenminister ja auch dabei, jetzt in sehr großem Umfang auch Rückführungen zu ermöglichen und durchzuführen.“
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte sich Ende September im „Münchner Merkur“ für mehr Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien starkgemacht – und gefordert, dass sich das Stadtbild wieder verändern müsse.
Wegner: „Berlin ist vielfältig“
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) ist derzeit auf Dienstreise in Namibias Hauptstadt Windhoek. Angesprochen auf Äußerungen von Merz sagte er der „Berliner Morgenpost“: „Berlin ist eine vielfältige und weltoffene Metropole, und diese Vielfalt wird sich auch im Stadtbild zeigen. Ich glaube auch nicht, dass das die Berlinerinnen und Berliner ärgert.“
Zugleich machte Wegner deutlich: „Bei der Integrationsfähigkeit stoßen wir aber an unsere Grenzen.“ Ein Problem sei in Städten wie Berlin zudem eine zu hohe Kriminalität. „Das müssen wir benennen und konsequent dagegen vorgehen“, sagte er der Zeitung. Auch die Täterkreise müsse man benennen.
Berlin habe die Zahl der Abschiebungen während seiner Amtszeit deutlich erhöht. „Trotzdem geht da noch mehr in allen Bundesländern“, so Wegner. „Dazu braucht es bessere Rückführungsabkommen, da ist die Bundesregierung gefragt. Danach müssen die Länder noch besser liefern, das werden wir tun.“
Berlin laut Krach für alle da
„Ich frage mich, welches Stadtbild der Union genau vorschwebt?“, ergänzte Krach zu den Äußerungen von Merz und Söder. „Meines ist ganz klar: In Berlin leben Menschen aus der ganzen Welt, wir alle sind das Gesicht der deutschen Hauptstadt - und das ist gut so. Dass der deutsche Bundeskanzler ihnen so in den Rücken fällt, um Stimmen am rechten Rand zu bekommen, ist menschlich enttäuschend.“
Regierungssprecher: Nicht zu viel reininterpretieren
Angesprochen auf den von Merz hergestellten Zusammenhang zwischen Rückführungen und dem Stadtbild versuchte Regierungssprecher Stefan Kornelius am Mittwoch, die Wogen zu glätten. „Ich glaube, da interpretieren Sie zu viel hinein. Der Bundeskanzler hat sich zu dem geänderten Kurs in der Migrationspolitik der neuen Bundesregierung geäußert ‑ übrigens in seiner Funktion als Parteivorsitzender, was er auch explizit so kenntlich gemacht hat.“ Merz habe immer klargemacht, dass es sich bei der Migrationspolitik in seinen Augen nicht um Ausgrenzung handeln dürfe, sondern um eine einheitlich geregelte Zuwanderung.