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Kieler Prozess um Flirt-Abzocke gestartet

17.09.2009, 13:20

Kiel/dpa. - Mit 350 Firmen im In- und Ausland und über Strohmänner sollen Betreiber von Flirt-SMS-Chats jahrelang eine millionenfache Abzocke von Kunden verschleiert haben.

Sechs Hauptangeklagte müssen sich deswegen seit Donnerstag vor dem Kieler Landgericht wegen gemeinschaftlichen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs verantworten. Drei von ihnen gelten laut Anklage als Drahtzieher und sitzen seit Dezember 2008 in Untersuchungshaft. Sie sollen das Firmengeflecht aus Kiel gesteuert haben. Den drei anderen wirft die Staatsanwaltschaft Beihilfe zur Verschleierung vor. Zu Beginn des Mammutverfahrens schwiegen die Angeklagten zunächst.

Der Anklage zufolge wurden bundesweit rund 700 000 Handy-Nutzer um insgesamt etwa 47 Millionen Euro geschädigt. Die Kunden seien durch Lock-Mails oder massenhaft verschickte SMS-Spam dazu verleitet worden, über teure Kurzwahl-Rufnummern mit möglichen Partnern im Chat zu flirten, sagten die Staatsanwältinnen Maya Schönfeld und Frauke Jaeschke zu Prozessbeginn. Sie nannten die Namen von 53 Geschädigten, die zwischen 199 Euro und 25 115,79 Euro für SMS-Chats gezahlt haben. Es antworteten ihnen aber keine realen Partner, sondern gut geschulte professionelle Animateure mit fiktiven Identitäten. Erklärtes Geschäftsziel war es, die Kunden zum Versenden möglichst vieler kostenpflichtiger SMS zu verleiten - pro SMS an die Kurzwahl-Nummern wurden 1,99 Euro fällig.

Die zwölf Verteidiger der Angeklagten versuchten am ersten Tag des Pilotprozesses der Großen Wirtschaftsstrafkammer vergeblich, mit Anträgen unter anderem die Aussetzung des Verfahrens zu erreichen. Die Verteidiger kritisierten, dass die Staatsanwaltschaft in der Anklage nur 53 Geschädigte genannt habe, aber keine weiteren Daten zu den anderen betroffenen Handy-Nutzern und der jeweiligen Schadenshöhe nenne.

Das Verfahren soll zunächst mit zwei Sitzungsterminen pro Woche fortgeführt werden. Nächster Verhandlungstermin ist der kommende Donnerstag. In einem weiteren Verfahren müssen sich außerdem demnächst vier andere Angeklagte verantworten. Gegen mehr als 200 Beschuldigte laufen noch Ermittlungen.

[Landgericht Kiel]: Schützenwall 31-35, Kiel