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Kultur Keine Apfelbaum-Parade in Kulturhauptstadt: Kritik an Absage

Mit einer Parade aus bis zu 4000 Apfelbäumen quer durch die Stadt wollte Chemnitz im Kulturhauptstadtjahr 2025 Aufsehen erregen. Doch nun wird bei dem Projekt die Reißleine gezogen. Bei beteiligten Künstlern stößt das auf Kritik.

Von dpa Aktualisiert: 26.05.2023, 14:35
Ein Apfelbaum wächst auf einem Parkplatz im Heckert-Plattenbaugebiet in Chemnitz.
Ein Apfelbaum wächst auf einem Parkplatz im Heckert-Plattenbaugebiet in Chemnitz. Hendrik Schmidt/dpa

Chemnitz - Die Europäische Parade der Apfelbäume, eines der Leuchtturmprojekte von Chemnitz als Kulturhauptstadt Europas 2025, ist abgeblasen. Das Vorhaben im Programmfeld „Gelebte Nachbarschaft“ werde bis Jahresende neu aufgestellt, sagte Programmgeschäftsführer Stefan Schmidtke am Freitag. Das sei ein normaler Prozess, dabei sollen die Themen Beteiligung und Nachhaltigkeit stärker in den Fokus rücken. „Es geht um das, was in unserer Stadt extrem fehlt: Miteinander von Menschen, die sich noch nicht begegnet sind.“

Nach Worten der bisherigen Kuratorin Barbara Holub sollte die Europäische Parade der Apfelbäume als künstlerische Intervention in der Stadt Themen adressieren wie unter anderem Repräsentation von Macht, den Umgang mit der Umwelt, das künftige Zusammenleben und das Überschreiten von Grenzen, den Umgang mit Lebensmitteln. Das Projekt war 2021 mit ersten Pflanzungen gestartet, mehr als 400 Apfelbäume wurden bislang gepflanzt.

Das Vorhaben habe die Chemnitzer sehr stark bewegt und viele Fragen aufgeworfen, hieß es nun. Dabei sei es etwa darum gegangen, warum nur Apfelbäume gepflanzt würden, sie in einer Linie stehen sollen und inwieweit der Boden und geplante Standorte überhaupt für die Bäume geeignet seien. „Wir wollen, dass das Projekt von den Menschen ausgeht und nicht von oben aufgestülpt wird“, erläuterte Schmidtke die Neuausrichtung. Dazu soll bis Jahresende ein neues Konzept erarbeitet werden.

Bei beteiligten Künstlern stieß das Vorgehen auf Kritik. Das Projekt habe kulturelle Räume eröffnen wollen, wo öffentlicher Raum von Stimmen und Gewalt der extremen Rechten besetzt sei, hieß es in einem offenen Brief. Das Projekt ohne genauere Rechtfertigung abzusagen, sei schändlich und werde einen neuen Schatten auf die Stadt werfen. Das Schreiben ist unterzeichnet von Künstlern und Künstlerinnen wie Apolonija Šušteršič, Samson Young, Pia Lanzinger, Christine Hohenbüchler und Folke Kobberling.

Chemnitz wird 2025 zusammen mit Nova Gorica in Slowenien den Titel Kulturhauptstadt Europas 2025 tragen. Das Motto des Programms steht unter dem englischen Titel „C the Unseen“. Dabei soll Verborgenes sichtbar gemacht und die „stille Mitte“ in der Stadtgesellschaft aktiviert werden. Zu den im Bewerbungsbuch skizzierten Vorhaben gehören auch ein kreativer Hub im virtuellen Raum, ein Kulturpfad „Purple Path“ und ein Projekt zu Garagen als versteckte kreative Orte. Chemnitz ist die vierte deutsche Stadt, die den Titel trägt, nach Berlin (West) 1988, Weimar 1999 und Essen 2010.