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Kalifornisches Entführerpaar streitet Schuld ab

29.08.2009, 09:48

San Francisco/dpa. - Im Entführungsfall Jaycee Lee Dugard wurde Anklage erhoben, doch die Kidnapper plädieren auf «nicht schuldig».

Phillip Garrido und seine Frau Nancy, die 1991 in Kalifornien ein elfjähriges Mädchen verschleppt, es 18 Jahre lang gefangen gehalten und sexuell missbraucht haben sollen, müssen sich unter anderem wegen Entführung, Vergewaltigung und Freiheitsberaubung verantworten. Insgesamt liegen mehr als zwei Dutzend Anklagepunkte vor.

Gegen den 58-jährigen Garrido, der mit dem Entführungsopfer zwei Töchter zeugte, wird inzwischen auch im Zusammenhang mit Morden an Prostituierten in den 90er Jahren ermittelt. Wie der Sender KTVU am Freitag (Ortszeit) berichtete, sollen die Leichen der Frauen in der Nähe eines früheren Arbeitsplatzes des Mannes gefunden worden sein. Während die Eheleute in Handschellen und roter Gefängniskleidung im Bezirk El Dorado County schweigend vor den Richter traten, wurde ihr Einfamilienhaus in Antioch nahe San Francisco erneut durchsucht.

Unterdessen räumte die Polizei in Antioch Fehler bei ihren Ermittlungen ein. «Wir haben eine Gelegenheit verpasst, früher einzugreifen», sagte Sheriff Warren Rupf Reportern. Eine Nachbarin hatte im November 2006 die Polizei alarmiert. Sie beschrieb Garrido als «Psycho» und berichtete von den Kindern, die in Zelten lebten. Diesem Tipp hätte man mit mehr Nachdruck nachgehen sollen, so Rupf. Ein Beamter habe damals mit Garrido in dessen Vorgarten gesprochen, aber nicht das Haus durchsucht. Der Ermittler wusste angeblich nicht, dass der Hausbesitzer bereits ein Vorstrafenregister als Sexualverbrecher hatte.

In einem Gartenversteck hinter dem Haus des Ehepaares wurde die jetzt 29 Jahre alte Jaycee Lee Dugard fast zwei Jahrzehnte gefangen gehalten. Garrido zeugte mit ihr zwei Kinder. Die Töchter der Entführten sind elf und 15 Jahre alt. Jaycees Mutter, Terry Probyn, war am Donnerstag erstmals wieder mit der Tochter vereint worden. Das freudige Wiedersehen brachte aber auch Schuldgefühle zum Vorschein, räumte Stiefvater Carl Probyn am Freitag ein. «Sie (Jaycee) fühlt sich schuldig, dass sie mit diesem Mann eine so enge Bindung eingegangen ist. Er hatte sie 18 Jahre, wir hatten sie nur 11 Jahre», sagte der Vater der «New York Times».

Seit ihrem Auftauchen am Mittwoch hat sich Dugard noch nicht öffentlich gezeigt. Sie halte sich mit ihrer Mutter und ihren Kindern in einem Hotel in Nordkalifornien auf, berichteten US-Medien. Die Österreicherin Natascha Kampusch, die acht Jahre von ihrem Entführer in einem ausgebauten Keller gefangen gehalten worden war, hatte zwei Wochen nach ihrer Flucht erste Interviews über ihre Zeit im Kellerverlies gegeben. Sie war 1998 im Alter von zehn Jahren in Wien entführt worden. 2006 gelang die Flucht, ihr Entführer nahm sich das Leben.

Garridos 88 Jahre alter Vater, Manuel Garrido, beschrieb seinen jüngsten Sohn als einen «kranken Mann». Er sollte bestraft, aber wie eine «verrückte Person» behandelt werden, sagte der in Nordkalifornien lebende Mann der «Los Angeles Times». Der Ärger habe schon in der Schule begonnen, nachdem der Junge die Droge LSD entdeckt hatte. «Damit ruinierte er sein Leben. Danach stellte er eine Menge verrückter Dinge an.»

Jaycees mutmaßliche Kidnapper waren am Mittwoch im kalifornischen Antioch festgenommen worden. Auf dem Gelände der Universität in Berkeley, wo der Mann mit seinen Töchtern religiöse Flugblätter verteilen wollte, war er tags zuvor zwei Polizisten aufgefallen. Der Vorbestrafte wurde zur Wache zitiert, wo er mit seiner gesamten Familie erschien. Garrido gab die 29-Jährige als seine Tochter Allissa aus, doch bei einer weiteren Überprüfung der Angaben kam die wahre Identität der Frau zum Vorschein.

Nach Behördenangaben verbüßte Garrido von 1977 bis 1988 eine Haftstrafe wegen Entführung und eines Sexualdelikts. In Reno (Nevada) hatte der damals 25-Jährige eine junge Frau in einem Schuppen eingeschlossen und vergewaltigt. Ursprünglich war er zu 50 Jahren Haft verurteilt wurden, kam aber nach 11 Jahren auf Bewährung frei. Seine Frau Nancy lernte er damals kennen, als sie einen Mitgefangenen besuchte.

Bei einer Verurteilung droht dem Paar lebenslange Haft. Nancy Garridos Verteidiger, Gilbert Maines, sagte Reportern am Freitag, dass er sich noch kein Bild von dem Geisteszustand seiner Mandantin machen konnte. «Sie sitzt auf der Anklagebank und weint», berichtete er nach dem Gerichtstermin.