Jane Goodall Jane Goodall: Die «Affen-Flüsterin»
London/dpa. - Sie wollte unbedingt in den Urwald und Bücher über Tiere schreiben. «Jeder lachte über mich», erinnert sich Jane Goodall an ihre Kindheit in England. Heute lacht niemand mehr über die britische Forscherin. Sie machte ihren Traum wahr, revolutionierte die Affenforschung und wurde mit ihren jahrzehntelangen Studien zum Verhalten der Schimpansen zur renommiertesten Expertin für die nächsten lebenden Verwandten des Menschen. Am 3. April feiert Jane Goodall ihren 75. Geburtstag.
Zwischen dem Schwärmen für Tarzan und der Ankunft in Afrika verging noch ein gutes Jahrzehnt. Als 23-Jährige kam Goodall, die mittlerweile als Sekretärin und Kellnerin arbeitete, auf Einladung eines Freundes nach Kenia. Im Nachtbarland Tansania traf sie den berühmten Paläoanthropologen Louis Leakey, der den fossilen Überresten der ersten Menschen auf der Spur war. Leakey wollte mehr über die Menschenaffen wissen und beauftragte Goodall mit dem Studium der Schimpansen.
Damit hatte Goodall ihre Berufung gefunden. Sie beschrieb erstmals die sozialen Kontakte und Hierarchien der Schimpansen. Sie entdeckte, dass diese keineswegs nur glücklich und zufrieden im Wald lebten, sondern dass es unter ihnen neben Lust und Liebe auch Rache und Krieg gab. Und sie zeigte, dass Schimpansen Werkzeuge anfertigen und benutzen, um beispielsweise Ameisen aus Baumstämmen herauszuholen - eine Fertigkeit, die man bis dahin nur den Menschen zubilligte.
Dabei sieht sie nicht aus wie eine Frau, die die meiste Zeit ihres Lebens unter Affen verbracht hat. So zierlich wie in ihrer Jugend ist sie auch im Alter geblieben. Auch die einst blonden Haare trägt sie - inzwischen ergraut - immer noch zum Pferdeschwanz gebunden. Jane Goodall wirkt zart, beinahe zerbrechlich. Unvorstellbar, dass diesem Körper ein markerschütternder Schrei entfahren kann. Aber wahr: Ihre Vorträge beginnt sie gerne mit einem kehligen «Uch, uch, uch, uch- uuuh», das erst tief beginnt und dann immer höhere Tonlagen erreicht - der Ruf, mit dem Schimpansen untereinander Kontakt halten.
Und obwohl sie ohne Studium an der Universität von Cambridge als Doktorandin zugelassen wurde und dort glanzvoll promovieren konnte, waren ihre ersten Schritte in die Welt der Wissenschaft voll von Hindernissen. Ihr allererster Beitrag für die Zeitschrift «Nature» kam postwendend zurück, weil sie bei ihren beobachteten Affen von «er» und «sie» als Individuum sprach. Als erste Wissenschaftlerin gab sie den Tieren in ihrem Forschungszentrum in Gombe keine Nummer, sondern Namen, wodurch viele Kollegen ihre Objektivität bedroht sahen.
Doch das ist alles Vergangenheit. Seit Jahrzehnten ist Goodall anerkannt - und gefragt als Tier- und Umweltschützerin. Vehement kämpft sie bei Vorträgen gegen die Ausrottung ihrer geliebten Schimpansen und ist dafür trotz ihres Alters unermüdlich in der Welt unterwegs. An Ruhestand verschwendet die «Botschafterin der Menschenaffen» keinen Gedanken. «Ich kann erst in den Ruhestand gehen, wenn die Welt gerettet ist.»