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Italien Italien: Unglücksflug: Ursache weiter unklar

18.04.2002, 16:56
Innenaufnahme des Pirelli-Hochhauses
Innenaufnahme des Pirelli-Hochhauses ANSA

Mailand/dpa. - «Daher fällt es schwer, an ein schicksalhaftes Unglück zuglauben.» Diese Aussagen nährten die Spekulationen der italienischenMedien, wonach der in finanziellen Schwierigkeiten steckende 67-jährige Pilot Luigi Fasulo Selbstmord begangen haben könnte.

Neben dem Piloten waren zwei Frauen im Alter von 39 und 40 Jahren,die im Gebäude arbeiteten, ums Leben gekommen. Von den insgesamt rund90 Verletzten schwebten zwei am Freitag noch in Lebensgefahr. Neunwurden noch im Krankenhaus behandelt. Zum Zeitpunkt des Unglücksknapp nach Büroschluss hatten sich noch rund 300 Menschen in demHochhaus aufgehalten.

Die meisten von ihnen konnten sich unverletzt in Sicherheitbringen. Dabei spielten sich dramatische Szenen ab: Einige blieben inAufzügen stecken und mussten von der Feuerwehr befreit werden. «Ichbin vom 26. Stock die Treppen runter gestürmt», erzählte ein Frau.Auf dieser Etage war das Flugzeug eingeschlagen. Als besondersheldenhaft wurde die Rettung einer gehbehinderten Frau durch vierMänner gelobt, die sie aus dem 24. Stock in Sicherheit brachten.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft von Mailand, die dieErmittlungen leitet, ist ein Selbstmord unwahrscheinlicher als eintechnischer Defekt der Maschine oder ein gesundheitliches Leiden desPiloten. Im Gegensatz dazu hatten zuvor sowohl der MailänderBürgermeister Gabriele Albertini als auch der Direktor deritalienischen Zivilflugbehörde, Luigi di Palma, einen Selbstmord alswahrscheinlich bezeichnet.

Albertini habe an einen Selbstmord in Florida nach den Anschlägenvom 11. September erinnert, berichtete das italienische Fernsehen.Damals war ein Jugendlicher in ein Hochhaus in Tampa geflogen. DiPalma sagte, er habe die Möglichkeit eines Selbstmords bereitsunmittelbar nach dem Unglück dem Innenministerium gemeldet.

Italienische Zeitungen berichteten, der Pilot, der italienisch-schweizerische Staatsbürger Fasulo, habe hohe Schulden gehabt. Dieskönnte ein Selbstmord-Grund gewesen sein. Sein Sohn Marco Fasulowurde von der Tageszeitung «La Repubblica» mit den Worten zitiert, ersei überzeugt, dass sich sein Vater das Leben genommen habe. Er seivon anderen finanziell ruiniert worden. Später hieß es jedoch, dassMarco Fasulo diese Aussagen widerrufen habe. Bekannte erklärten inLocarno, sie glaubten nicht daran, dass er sich selbst getötet hat.

Fasulo war vom schweizerischen Locarno, wo er lebte, nach Mailandgeflogen, um am Flughafen Linate seine Maschine voll zu tanken. Beim Anflugauf Linate meldete der Mann Probleme mit dem Fahrwerk und drehte ab.Einen Hilferuf setzte er jedoch laut Funkverkehr nicht ab. Darausging auch hervor, dass der Kontrollturm nicht angeordnet hatte, inRichtung Innenstadt zu fliegen, sondern im Luftraum über demFlughafen zu bleiben. Vermutlich habe er einen Funkspruchmissverstanden, der für einen Hubschrauber bestimmt gewesen sei. Nach Angaben von Experten bestand für das 1960 errichtete Hochhaus zukeinem Zeitpunkt Einsturzgefahr. Der Präsident der Region Lombardei,Roberto Formigoni, kündigte an, dass die unteren Etagen desHochhauses vermutlich bereits am Montag wieder geöffnet werdenkönnten. In dem Gebäude ist die Regionalbehörde untergebracht.

Infokarte zum Flugzeugunglück in Mailand
Infokarte zum Flugzeugunglück in Mailand
dpa