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Italien Italien: Krypta mit neun Leichen unter Medici-Grab entdeckt

Von Peer Meinert 11.07.2004, 12:34

Florenz/dpa. - Unter einem fast 300 Jahre alten Grab derHerrscherfamilie Medici in Florenz haben Forscher eine Geheimkammermit Überresten zahlreicher Leichen entdeckt. In der Krypta unter denberühmten Medici-Kapellen befinde sich der Leichnam des letztenMedici-Herrschers, Großherzog Gian Gastone (1671-1737), sowie dieGebeine von acht weiteren Toten, zumeist von Neugeborenen undKindern, sagte der Paläopathologe Prof. Gino Fornaciari der dpa. «Eshandelt sich um einen spektakulären Fund.»

In einer beispiellosen «Operation Medici» wollen italienische undamerikanische Experten insgesamt 49 Medici-Gräber öffnen. Zwei Jahresoll die Aktion dauern - geklärt werden sollen Lebensumstände,Krankheiten und die Todesursachen der Angehörigen der legendärenBankiersdynastie, die Florenz drei Jahrhunderte lang beherrschte.

Die unterirdische Geheimkammer liegt unter der sichtbarenGrabstätte Gian Gastones. Acht schmale Stufen führen hinab. Es iststickig, die Luft ist feucht, es riecht nach Moder und Verwesung.Etwa 30 Quadratmeter ist die Krypta groß und zweieinhalb Meter hoch.Den Wissenschaftlern steht der Schweiß auf der Stirn. «Die Identitätder acht weiteren Toten ist noch unklar», meint Fornaciari. Bislangstehe lediglich fest: Es handelt sich um die Leichen dreierNeugeborener sowie zweier Kinder im Alter von ein bis zwei Jahren,außerdem seien die Gebeine zweier älterer Kinder sowie eines etwa20-jährigen Menschen in der Krypta. «Die mysteriösen Gräber derMedici», titelt die Zeitung «Corriere della Sera» (Mailand).

«Wir vermuten, dass die Toten alle Angehörige der Medici sind»,sagt Fornaciari. «Einer der jungen Knaben trägt noch die Überresteeiner Krone in der Form eines Blumengebindes.» Mehrere Leichen seienin mumifiziertem Zustand, bei einigen konnte man das Geschlecht nochnicht feststellen. Scheinwerfer verwandeln das Dunkel der Kammer ingleißendes Licht: Penibel versuchen die Forscher, selbst kleinsteKnochenteile vom Boden der Krypta zu retten. «Einige Särge wurden beider großen Überschwemmung 1966 beschädigt.»

Bislang gelang es den Forschern, vier Leichen in denMedici-Kapellen ans Tageslicht zu befördern: Die Gebeine vonGroßherzog Cosimo I. (1519-1574), seiner Ehefrau Eleonora von Toledosowie ihrer Kinder Giovanni und Garzia. Erste Überraschung: Diebisherige Annahme der Historiker, dass viele Medici an Gicht gelittenhätten, gerät ins Wanken; einer der großen Herrscher wird sogar bisheute «Piero der Gichtige» genannt.

«Eine erstaunliche Entdeckung ist, dass Cosimo I. entgegen allerbisherigen Behauptungen keine Gicht hatte», meint Fornaciari nachersten Untersuchungen. Statt an der Stoffwechselerkrankung habe er aneiner erblichen Gelenkkrankheit gelitten. Untermauert wurde dagegendie Annahme, dass seine Frau und die beiden Kinder an Malaria starben- Schluss also mit dem Gemunkel über einen Meuchelmord.

Italienische Forscher haben so etwas wie ein Faible fürspektakuläre Exhumierungen: Unter anderem öffneten sie vor einigenJahren in Palermo den Sarkophag von Kaiser Friedrich II. vonHohenstaufen (1194-1250) - und erlebten ebenfalls eine Überraschung:In dem Sarg lagen neben Friedrich die Leiche einer Frau und einesweiteren Mannes - angeblich handelt es sich um eine «italienischeAdelige» und einen entfernten Verwandten.