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Italien Italien: «Krieg der Clans» in Neapel ausgebrochen

01.11.2006, 14:11
Die Leichnam des von der Mafia erschossenen 31-jährigen Salvatore Abinante liegt am 24. November 2004 auf der Straße in Neapel. (Foto: dpa)
Die Leichnam des von der Mafia erschossenen 31-jährigen Salvatore Abinante liegt am 24. November 2004 auf der Straße in Neapel. (Foto: dpa) ANSA

Neapel/dpa. - «DieClans kämpfen um die Kontrolle der Straße, wo die Drogen verkauftwerden», sagte der neapolitanische Staatsanwalt Franco Roberti derZeitung «La Repubblica» (Mittwochausgabe). Ministerpräsident RomanoProdi, der am Donnerstag Neapel besucht, erwägt die Stationierung vonSoldaten. Als ersten Schritt will die Regierung 1000 zusätzlichePolizisten in die süditalienische Stadt schicken. Bereits in denJahren 2004/2005 starben bei einem «Krieg der Clans» weit über 100Menschen.

Am Dienstagabend hatten sich in «Problemzonen» Neapels innerhalbvon zwei Stunden drei Morde ereignet, bei denen es sich nach Ansichtvon Experten eindeutig um «Abrechnungen der Camorra» handelt. ZweiMänner, die erst kürzlich aus der Haft kamen, wurden auf offenerStraße in der Nähe einer Polizeikaserne erschossen. Kurz darauf wurdeder Besitzer eines Videoladens in seinem Geschäft umgebracht.

«Das sind eindeutig "Hinrichtungen" nach Art des organisiertenVerbrechens», hieß es in Medienberichten. Bereits am vergangenenWochenende hatte eine Mordserie die Stadt erschüttert.Staatspräsident Giorgio Napolitano, der aus Neapel stammt, äußertesich entsetzt. Die Stadt erlebe «die schlimmsten Tage seit sehrlanger Zeit». Allein seit Jahresbeginn wurden in der Millionenstadtüber 70 Menschen ermordet, viele Verbrechen gehen auf das Konto derCamorra, wie die lokale Mafia-Organisation heißt.

Um die Spirale der Gewalt zu bekämpfen, will die Regierung zudeman «kritischen Punkten» Video-Überwachung installieren lassen. Auchsoll die Polizei in Neapel etwa mehr Motorräder erhalten, um inengen Gassen, «Problemzonen» sowie im Zentrum mehr Präsenz zu zeigen.

Eine Entsendung von Soldaten allerdings ist umstritten. Prodisagte, man müsse die Lage genau prüfen: «Dieses Mal kommt es nichtdarauf an, die öffentliche Meinung für einige Wochen oder Monate zuberuhigen, dieses Mal wird es ein langer Kampf sein, um dieSicherheit für die Bürger zu schaffen.» Viele Sicherheitsexpertenlehnen den Einsatz von Soldaten ab. Solche Einsätze hätten in derVergangenheit nichts gebracht, meinte Innenminister Giuliano Amato.«Wir brauchen einen neuen Plan zur wirtschaftlichen und sozialenEntwicklung der Stadt.»

Experten schätzen den Jahresumsatz der Camorra-Geschäfte auf rund16 Milliarden Euro. Neben Drogen, Prostitution und Erpressung seiendie «Paten» bereits in viele legale Sektoren eingestiegen, etwa insBaugeschäft, heißt es. Insgesamt 10 000 Menschen würden im GroßraumNeapel für das organisierte Verbrechen arbeiten, berichtete dasstaatliche italienische Fernsehen. Die hohe Arbeitslosigkeit treibeder Mafia vor allem viele junge Leute in die Arme.