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Interview mit FKK-Präsident Interview mit FKK-Präsident: «Nacktheit ist heute kein Phänomen mehr»

28.06.2012, 10:46
Am Grillensee in Naunhof bei Leipzig liegen Anhänger der Freikörperkultur (FKK)am Badestrand. (FOTO: ARCHIV/ ZB)
Am Grillensee in Naunhof bei Leipzig liegen Anhänger der Freikörperkultur (FKK)am Badestrand. (FOTO: ARCHIV/ ZB) dpa-Zentralbild

Berlin/dapd. - Mit dem Sommer beginnt auch wieder die Saison der FKK-Fans. Die Zahl der organisierten Nacktkultur ist 2011 auf rund 39.000 Mitglieder geschrumpft. dapd-Korrespondentin Felicitas Ernst sprach mit dem Präsidenten des Deutschen Verbands für Freikörperkultur über mögliche Gründe und darüber, wann Nacktheit einfach nervt. Im Folgenden der Wortlaut des Interviews:

Wie steht es um die Freikörperkultur in Deutschland?

Fischer: Leider haben wir in FKK-Vereinen mit einem Mitgliederschwund zu kämpfen. Wir hatten 2011 rund 39.000 Mitglieder in Deutschland. Im Vergleich zum Jahr 2010 haben wir 2,6 Prozent verloren. Da geht es den FKK-Vereinen wie anderen Verbänden.

Wo liegen die Gründe für diesen Schwund?

Fischer: Die Menschen wollen und müssen heute flexibler sein, wollen sich nicht unbedingt binden. Sie haben keine Lust auf noch mehr Verantwortung und Verpflichtung. Das passt natürlich nicht zum Vereinsgedanken. Im Verein muss man mitmachen, sich selbst einbringen. Außerdem haben die Leute heute nicht mehr so viele Kinder wie früher, das wirkt sich natürlich auch auf unsere Mitgliederzahlen aus.

Ist Nacktheit heutzutage nicht ohnehin allgemein akzeptiert, sodass FKK-Vereine überflüssig sind?

Fischer: Nacktheit ist heute tatsächlich kein Phänomen mehr, das ich mit dem Fernglas suchen muss. Jeder wirbt mit Nacktheit. Jeder will mit nackten oder halbnackten Körpern Aufsehen erregen. Dazu gehört auch das Nacktrodeln. Diese Richtung der Selbstdarstellung finden wir gar nicht gut. Das dient letztendlich nur dazu, Geschäfte zu machen. Wenn junge Leute sich ausziehen und sich an einen Baggersee legen, ist das völlig okay. Aber sich auf einem FKK-Vereinsgelände aufzuhalten, gibt natürlich auch mehr Rechtssicherheit. Das Nacktsein kann dort nicht verboten werden.

Warum propagieren Sie eigentlich die Nacktheit?

Fischer: Das ist einfach ein ganz besonderes Körpergefühl, ohne Badebekleidung ins Wasser zu gehen, Sonne und Wind auf der Haut zu spüren. Das muss man selbst ausprobieren, um es zu verstehen.

Ein US-Veranstalter will jetzt den größten Nackt-Trip auf einem Kreuzfahrtschiff im Februar organisieren. Knapp 3.000 Nackt-Reisende haben Platz auf dem Schiff. Damit soll ein Rekord aufgestellt werden.

Fischer: Mich werden Sie nicht auf so einem Schiff nicht finden. Das ist mir zu kommerziell. Diese Form der Selbstdarstellung und Geschäftemacherei lehne ich ab. Das ist für mich das Gleiche wie Nacktrodeln, eine reine PR-Maßnahme irgendeines Veranstalters. Ich bin doch nicht so leichtsinnig und ziehe mich bei Winterwetter aus.

Gilt das auch für Nacktwandern oder Nacktreiten?

Fischer: Das ist was Anderes. Solange man das Recht des Andersdenkenden nicht verletzt, in dafür ausgeschriebenen Gebieten nackt wandert oder reitet, hat das unseren Segen. Das heißt auch, dass man vorher Genehmigungen von Behörden einholt. Ich will ja nicht schockieren, sondern in Harmonie mit anderen leben.

Was sind die Prinzipien Ihres Verbandes?

Fischer: Wir sagen „sinnvoll nackt“. Also, der besonders sonnenbrandgefährdete Mensch wird sich bei uns im Gelände auch bedeckt bewegen. Aber bitte in T-Shirt und Sporthose und nicht in Bikini oder Tanga. Das wäre zu sexualisiert und aufreizend. Darum geht es uns nicht.

Gehen Frauen und Männer eigentlich gleich mit Nacktheit um?

Fischer: Da gibt es keine generellen Unterschiede. Klar, als ich als 23-jähriger Mann das erste Mal ein FKK-Camp betreten habe, hatte ich schon Bedenken, dass so viel Nacktheit um mich herum bei mir selbst körperliche Reaktionen auslösen könnte. Aber das war überhaupt nicht so, sondern eher entsexualisiert. Mir ist damals einfach eine offene Gemeinschaft begegnet.

Wohin schauen eigentlich zwei FKKler, wenn Sie sich begegnen?

Fischer: Wie andere Menschen auch, gucken sich FKKler in die Augen, nicht auf die Geschlechtsteile. Das ist eine Frage des Respekts.

Mit welchen Vorurteilen haben Sie als FKKler am häufigsten zu kämpfen?

Fischer: Ich habe höchstens bei anderen Menschen eine gewisse Distanz gespürt. Und wenn jemand sagt „für mich wäre FKK nichts“, dann ist das vollkommen in Ordnung. Dass jemand gesagt hätte „Schweinkram“ oder „schmuddelig“ habe ich noch nicht erlebt. Was sollte denn auch Schweinkram sein? Der eigene Körper? Das ist doch Quatsch.

Die wichtigsten Regeln für Nacktbader finden Sie hier.