Hintergrund Hintergrund: City-Maut-Ideen auch in Deutschland
Hamburg/dpa. - Über eine Staugebühr oder City-Maut wie in London ist in den vergangenen Jahren auch schon in deutschen Städten nachgedacht worden. Kaum wurden die Überlegungen zur Eindämmung des Verkehrs bekannt, brandete Protest auf. So wandten sich Autofahrerclubs gegen eine weitere Belastung ihrer Mitglieder und warnten Handelsverbände vor einem Veröden der Innenstädte.
In Berlin zum Beispiel handelte sich 1997 der damalige Umweltsenator Peter Strieder (SPD) vom Koalitionspartner CDU Schelte für seine Idee ein, mit Geld aus einer City-Maut den Nahverkehr auszubauen. Das sei «modernes Raubrittertum» urteilte die CDU. In Hamburg ist eine Maut kein Thema: «Es gibt zurzeit keine Überlegungen in diese Richtung», sagte eine Sprecherin der Baubehörde am Montag.
Als erste Stadt Europas hatte das norwegische Bergen schon in den achtziger Jahren Mautgebühren für die City eingeführt. 2001 brachte das zusammen mit ähnlichen Systemen auch in Oslo, Trondheim und Kristiansand umgerechnet 360 Millionen Euro in die Staatskasse. Ziel war aber nicht die Reduzierung des Straßenverkehrs, sondern mehr Geld für den in Norwegen durch Felsen und Berge extrem teuren Straßenbau. In Oslo hat sich der Autoverkehr nach Erhebung der Mautgebühr 1992 nur um zwei bis drei Prozent verringert. Eine Fahrt in die Innenstadt kostet umgerechnet 2 Euro, ein Jahresabo 360 Euro.
In Italien sind die historischen Innenstädte von Rom oder Bologna für Autos gesperrt. Wer tagsüber hinein will und nicht dort wohnt, muss zahlen. In Rom kostet eine solche Fahrerlaubnis 360 Euro im Jahr. Seit Oktober 2001 schrecken Überwachungskameras Autofahrer davon ab, das Verbot zu hintergehen. Ertappte müssen 65 Euro zahlen. Die Abschreckung wirkt und hat das Verkehrschaos etwas eingedämmt.
Auch asiatische Städte versuchen mit Gebühren, des Verkehrs Herr zu werden. Technisch ausgeklügelt geht Singapur vor: Hinter der Windschutzscheibe jedes Autos muss ein kleiner Kasten mit einer aufladbaren Geldkarte stecken. Vor jeder stauträchtigen Zone führt der Weg durch ein elektronisches Tor, das die Gebühr von der Karte abbucht. Die Preise variieren nach Fahrzeug, Strecke und Tageszeit: für Personenwagen umgerechnet zwischen 0,26 Cent und 1,6 Euro. Am teuersten wird es zwischen 8.30 und 9.00 Uhr. Die Verkehrsbehörde nennt dies fair: «Der Preis richtet sich nach dem Fahrverhalten. Wer mehr zum Stau beiträgt, muss auch mehr zahlen.» Eine fehlende Geldkarte oder ein zu niedriger Kontostand darauf schlägt mit 10 Singapur-Dollar (etwa 5 Euro) zu Buche. Nach zwei Wochen Säumnis steigt die Buße auf 70 Dollar; wer nicht zahlt, landet vor Gericht.
Erfolg hatte der deutschen «Allianz für die Schiene» zufolge auch Südkoreas Hauptstadt Seoul mit einer Gebühr für einen stauträchtigen Autobahntunnel. Um 13 Prozent sei der Verkehr zurückgegangen, die Zahl der Menschen, die täglich den Tunnel passierten, aber um 58 Prozent gestiegen. Der Grund: In jedem Auto sitzen jetzt mehr Leute.
Die südkalifornische Stadt San Diego griff 1996 zu einem ähnlichen Mittel und richtete auf einer stets verstopften Stadtautobahn eine Extra-Spur ein. Alleinfahrende Benutzer müssen dafür je nach Verkehrsdichte und Uhrzeit zwischen 50 Cent und 4 Dollar (3,75 Euro) bezahlen. Sitzen zwei oder mehr Menschen in dem Wagen, ist die Benutzung umsonst. Bezahlt wird mittels einer elektronischen Plakette an der Windschutzscheibe, das Geld wird abgebucht. San Diego bringt das jährlich rund 1,2 Million Dollar ein, die in den öffentlichen Nahverkehr gesteckt werden. Wer die Spur ohne zu zahlen benutzt, muss 271 Dollar zahlen. Beim zweiten Verstoß verdoppelt sich dieser Betrag. Beim dritten Mal wird der Führerschein eingezogen.