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Hassmails und Karikaturen Hassmails und Karikaturen: Christian Drosten erwägt Rückzug aus Öffentlichkeit

31.03.2020, 11:18
Prof. Christian Drosten ist Direktor des Instituts für Virologie an der Charité in Berlin.
Prof. Christian Drosten ist Direktor des Instituts für Virologie an der Charité in Berlin. www.imago-images.de

Berlin - Der Virologe Christian Drosten ist der Mann, auf den in der Corona-Krise alle hören. Der Mediziner von der Berliner Charité ist deshalb sehr präsent - auf allen Medienkanälen. Gut und richtig, denn es bedarf der Aufklärung und einer Experten-Einschätzung im Umgang mit dem neuartigen Virus, der den ganzen Erdkreis im Bann hält.

Im NDR-Podcast gibt Drosten eine regelmäßige Einschätzung zu den aktuellen Entwicklungen in der Corona-Krise ab. In der 24. Folge des Podcasts spricht Drosten aber von den persönlichen Problemen, die sich für ihn aus seiner medialen Präsenz ergeben.

„Es gibt Zeitungen, die malen inzwischen nicht nur in den Wörtern, sondern in Bildern, Karikaturen von Virologen. Ich sehe mich selber als Comicfigur gezeichnet und mir wird schlecht dabei. Ich bin wirklich wütend darüber, wie hier Personen für ein Bild missbraucht werden, das Medien zeichnen wollen, um zu kontrastieren. Das muss wirklich aufhören“, so der Virologe.

Das sei einer der Gründe, warum er es in der vergangenen Woche vermieden habe, Interviews zu geben oder sich im Fernsehen zu zeigen - außer bei einer Pressekonferenz.

Ihm und anderen Wissenschaftlern würden „Dinge angehängt, die so nicht stimmen“. Und dann erzählt Drosten von einem Vorfall, der ihn offensichtlich sehr beschäftigt:

„Ich habe gestern beispielsweise eine E-Mail bekommen, in der ich persönlich verantwortlich gemacht wurde für den Selbstmord des hessischen Finanzministers. Wenn solche Dinge passieren, dann ist das für mich schon ein Signal dafür, nicht, dass wir nah an der Grenze sind, sondern, dass wir über eine Grenze von Vernunft schon lange hinaus sind in dieser mediengeführten öffentlichen Debatte. Und ich habe damit langsam wirklich ein Problem.“

Die Wissenschaft würde als Entscheidungsträger gesehen. Dabei sei es doch die Politik, die Entscheidungen treffe und Regeln durchsetze. Die Wissenschaft generiere nur Daten und interpretiere diese, sei aber mit weitreichenden politischen Entscheidungen „überfordert“.

Drosten schlussfolgert für sich daraus: „Wir sind langsam an einem Punkt, wo die Wissenschaft in geordneter Weise den Rückzug antreten muss, wenn das nicht aufhört.“ (mz)