Guinness Buch Guinness Buch: Rekorde für Jedermann
Halle/MZ. - Denn der Italiener und die Ungarin können mit dem ungewöhnlichsten Job der Welt kontern. Beide arbeiten mit den Besten, Größten und Schnellsten zusammen. Sie nehmen für das Guinness World Records Buch Rekordvorschläge an, begutachten, beobachten und bewerten sie. Sie reisen zur größten Eis-Skulptur nach Dubai und zum personalintensivsten Pferdekopfgeigen-Orchester in die Innere Mongolei.
Der weltweiten Rekordwut sind kaum Grenzen gesetzt. Der schwerste Gallenstein. Die größte Kissenschlacht. Der stärkste Bart. Marco Frigatti und Andrea Banfi sitzen mit sechs weiteren Kollegen in der Londoner Zentrale der Guinness World Records und verwalten den Ansturm der Bestleister. An die 1 000 Bewerbungen gehen jede Woche bei Guinness ein.
"Das Büro hier ist wie ein Museum", erzählt Andrea Banfi. "Ein Bild vom größten Mann an der Wand, der größte Schuh der Welt in einer Vitrine. Rekordhalter aus der ganzen Welt kommen hierher." Einen der Ersten, den Banfi persönlich traf, wird sie bestimmt nicht vergessen. Lucky Rich ist der meisttätowierte Mensch, ein Tintenklecks von einem Mann.
"Rekordhalter sind leidenschaftliche Menschen. Sie richten ihr Leben darauf aus, in dieses Buch zu kommen", meint Banfi. "Manchmal denkt man schon: "Was soll das?", räumt Frigatti ein. "Aber wenn man diese Leute trifft und entdeckt, was es für sie bedeutet, so ein Event zu organisieren, dann wird daraus schnell eine sinnvolle Erfahrung."
Nein, es gebe keine Ausbildung, die einen für diesen Job qualifiziere, sagt Frigatti, der sich Leitender Rekordmanager nennt. "Was gefragt wird, sind Erfahrungen auf verschiedenen Gebieten, eine gewisse Vertrautheit mit anderen Kulturen und Sprachen. Ich bin Italiener, habe in Deutschland und Frankreich gewohnt. Man muss offen für die Vorschläge aus anderen Ländern sein." Denn nationale Unterschiede zwischen den üblichen Rekordverdächtigen gibt es sehr wohl. So leben Engländer und Amerikaner ihre Lust auf "extreme Sachen" aus. Die Deutschen sind top, wenn es ums Sammeln geht und tun sich ansonsten vor allem bei Gedächtnis-und Gymnastikrekorden hervor. "Und in Italien", weiß der 36-Jährige, "ist das Essen sehr wichtig. Das ist natürlich keine Überraschung."
Die eigentliche Überraschung gab es vor über 50 Jahren. Nachdem das erste Rekordbuch - damals hieß es noch Guinness Book of Records - in Großbritannien erschien, kletterte es schnell an die Spitze der Bestsellerliste. Was für seine Herausgeber völlig unerwartet war, denn ursprünglich sollte das Buch ja lediglich ein Marketing-Gag für die irische Dunkelbierbrauerei sein. Die Geschichte geht so: Als Sir Hugh Beaver, Geschäftsführer der Guinness-Brauerei, an einem Herbsttag im Jahre 1951 bei der Vogeljagd einen Goldregenpfeifer verfehlte, begründete er sein Missgeschick damit, dass der Goldregenpfeifer ja schließlich das schnellste Federwild Europas sein. Seine Mit-Waidmänner hielten dagegen: Das Moorhuhn würde dem Goldregenpfeifer ja wohl lässig davonfliegen. Auf der Pirsch ließ sich die Streitfrage nicht klären. Und später in Sir Hughs Bibliothek auch nicht. Es müsste doch in den über 80 000 Pubs in Irland und dem Vereinigten Königreich noch so einige andere ungeklärte Streitfälle großer Guinness-süffelnder Jungs geben, schloss der schlaue Beaver. Was, wenn es ein Buch gäbe, das auf all diese Streitfälle eine Antwort hätte? Das gibt es jetzt.
Die Liste der Rekord-Bewerber, die Frigatti und Banfi ablehnen, ist lang: So sind beispielsweise das größte Pferd und der größte Hund der Welt schon lange aus der Bibel der Superlative verschwunden. "Wir wollen ja niemanden ermutigen, sein Haustier zu mästen", begründet Frigatti. Der Völlerei der Mitmenschen hat Guinness ebenfalls Einhalt geboten: Essensrekorde finden nur noch innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens statt.