Großrazzia in Berlin Großrazzia in Berlin: 900 Beamte durchsuchen Artemis-Bordell

Berlin - Ein Großaufgebot von Polizei, Staatsanwaltschaft, Zoll und Steuerfahndung durchsuchen seit kurz vor 20 Uhr am Mittwochabend das Großbordell Artemis unweit des Funkturms in Berlin-Charlottenburg. An der Aktion seien etwa 900 Beamte beteiligt, sagte Martin Steltner, Sprecher der Staatsanwaltschaft, der Berliner Zeitung.
Schaden von 23 Millionen Euro
Dem Betreiber des Artemis wird vorgeworfen, Sozialbeiträge und Steuern in Millionenhöhe hinterzogen zu haben. Insgesamt gehe es um 23 Millionen Euro, so Redlich. Davon entfielen 17,5 Millionen auf nicht gezahlte Sozialversicherungsbeiträge, sechs Millionen Euro betrage der Steuerschaden. Außerdem gehe es um den Vorwurf der Schwarzarbeit und des Menschenhandels.
„Der Betreiber soll vorgegeben haben, dass die Prostituierten in seinem Haus selbstständig sind“, sagte Steltner. Tatsächlich sollen die Frauen aber als abhängig Beschäftigte im Haus arbeiten.
Prostituierte mussten Eintritt bezahlen
Alles, von den Arbeitszeiten über Arztbesuche bis hin zu den „Dienstleistungen“ an den Kunden soll den Frauen vom Betreiber vorgeschrieben worden sein. Steltner: „Die Prostituierten sollen sogar Eintritt bezahlt haben müssen, wenn sie an ihren Arbeitsplatz wollten.“ Während im Bordell sämtliche Freier und Prostituierte überprüft wurden, durchsuchten weitere rund 250 Beamte Wohnungen und weitere Objekte im Stadtgebiet.
A100-Ausfahrt Funkturm gesperrt
Der Einsatz soll noch bis in die Nacht dauern. Die Autobahnausfahrt der A100 am Funkturm wurde geschlossen. Am Kurfürstendamm bildete sich ein Stau. Gegen 22 Uhr hieß es, alle, die man gesucht habe, seien gefunden worden. „Wir haben sechs Haftbefehle vollstreckt, gegen zwei Männer und vier Frauen“, teilte Polizeisprecher Redlich mit. Die Personen würden am Donnerstag dem Haftrichter vorgeführt. Insgesamt habe man 220 Menschen überprüft. Die Prostituierten würden nur als Zeuginnen vernommen, da sie die Geschädigten seien, so der Sprecher.
Außerdem wurden im Artemis alle verfügbaren Unterlagen beschlagnahmt, die die erhobenen Vorwürfe gegen den Betreiber belegen sollen.
Artemis wurde 2005 eröffnet
Das Artemis war im September 2005 an der Halenseestraße am westlichen Ende des Kurfürstendamms eröffnet worden. Mit einer Fläche von rund 3000 Quadratmeter ist es das größte Bordell Berlins. Es bietet Platz für 70 Prostituierte und 600 Freier.
Das ehemalige Lagerhaus in einem Industriegebiet war von dem türkischstämmigen Geschäftsmann Hakim Simsek erworben und umgebaut worden, der zuvor im Bereich Spielcasinos tätig war.
Als Geschäftsführer fungiert sein Bruder Kenan, der das Artemis als „FamiIienbetrieb“ bezeichnete. Während der Fußball-Weltmeisterschft 2006 wurde eines der Sexkinos für WM-Fernsehübertragungen umfunktioniert. Das Haus rühmt sich seiner sozialen Aktivitäten, so spendet man an die Berliner Tafel, an das Obdachlosenmagazin Straßenfeger. Zudem dürfen Rentner ein- bis zweimal die Woche zu reduzierten Eintrittspreisen das Bordell betreten.
