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Nahost-Konflikt Gewalt bei Pro-Palästina-Demo – Konsequenzen gefordert

Bei einer propalästinensischen Demo in Berlin kommt es zu Ausschreitungen. Es gibt Verletzte und zahlreiche Festnahmen. Nun wird über Konsequenzen diskutiert und die Justiz schaltet sich ein.

Von dpa Aktualisiert: 16.05.2025, 15:07
Polizisten nehmen bei einer propalästinensischen Demonstrationen zum 77. Nakba-Tag einen Teilnehmer fest.
Polizisten nehmen bei einer propalästinensischen Demonstrationen zum 77. Nakba-Tag einen Teilnehmer fest. Christophe Gateau/dpa

Berlin - Nach dem Angriff auf einen Polizisten bei einer propalästinensischen Kundgebung übernimmt die Generalstaatsanwaltschaft Berlin die Ermittlungen. Die Behörde wertet den Vorfall als einen „Angriff auf Organe des Rechtsstaats“, wie Sprecher Sebastian Büchner der Deutschen Presse-Agentur mitteilte. Wegen der Bedeutung des Einzelfalls habe sie das Verfahren übernommen.

Die Generalstaatsanwaltschaft ermittelt demnach wegen gefährlicher Körperverletzung und schweren Landfriedensbruchs. Der 36 Jahre alte Beamte war am Donnerstag bei einer Kundgebung anlässlich des Nakba-Gedenktages schwer verletzt worden und befindet sich nach Polizeiangaben im Krankenhaus. 

Nach Angaben eines Polizeisprechers wurde der Polizist in die Menge hineingerissen und „niedergetrampelt“. Er habe einen gebrochenen Arm und Verletzungen am Oberkörper. Insgesamt wurden mindestens elf Beamte sowie eine unbekannte Zahl von Teilnehmern der Demo nach Polizeiangaben verletzt. 

Gesellschaft: Demos häufig Israelhass-Veranstaltungen

Nach den Ausschreitungen werden Rufe nach einer Neubewertung solcher Versammlungen laut. „Es gibt eine starke Radikalisierung in diesem Milieu und eine damit einhergehende, verstärkte Gewaltbereitschaft“, hieß es von der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG). 

Nötig sei eine grundsätzliche versammlungsrechtliche Neubewertung bei sogenannten propalästinensischen Demonstrationen. „Häufig handelt es sich um reine Israelhass-Veranstaltungen und nicht um Demonstrationen für die Rechte und legitimen Anliegen der Palästinenser“, erklärte die Gesellschaft. 

Dobrindt: Rückendeckung durch Politik

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) verurteilte bei einer Rede im Bundestag die Gewalt bei der Demonstration. Der Vorfall sei leider kein Einzelfall. Die Polizei brauche generell kein Misstrauen, sondern gute Ausstattung und „Rückendeckung durch die Politik“, sagte Dobrindt. 

Berlins Innensenatorin Iris Spranger kündigte ein hartes Vorgehen gegen die Täter an. „Die gestrige Demonstration in Berlin ist in erschreckender Weise eskaliert“, sagte die SPD-Politikerin dem „Tagesspiegel“. „Diese brutale Gewalt gegen Einsatzkräfte hat mit politischem Protest nichts zu tun“, so Spranger. „Wir werden hart und konsequent gegen diese Täter vorgehen.“ Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) sprach von einem „feigen, brutalen Gewaltakt“. 

Die Polizei prüft nach den Ausschreitungen mögliche Auswirkungen auf vergleichbare Versammlungen in Berlin. Das Einsatzkonzept für eine am Samstag geplante Demonstration werde nochmals erläutert, sagte Polizeisprecher Florian Nath. Zudem liefen Gespräche mit dem Veranstalter. 

Polizei prüft Einsatzkonzept für geplante Demo 

Wegen des Gedenktages Nakba ist für Samstagnachmittag (15.00 Uhr) in Berlin-Mitte die Demonstration „Anlässlich 77 Nakba Tag“ angemeldet. Sie soll am Potsdamer Platz starten und zum Innsbrucker Platz in Schöneberg führen. 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden erwartet. Laut Polizei ist noch nicht entschieden, ob diese Pläne beschränkt werden. 

Denkbar wäre, lediglich eine Kundgebung an einem festen Ort zuzulassen, statt eines Protestzuges. So eine Beschränkung hat die Polizei in der Vergangenheit häufiger wegen befürchteter Gewalt ausgesprochen. Auch für die Kundgebung zum Nakba-Gedenktag am Südstern setzte sie dies schließlich juristisch durch. 

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) kritisierte, dass die Polizei vor Gericht darum kämpfen musste, Beschränkungen durchzusetzen. Das Berliner Verwaltungsgericht hatte diese zunächst als unzulässigen Eingriff bewertet. 

Verletzte und Festnahmen bei Protest

An der Demonstration nahmen in der Spitze nach Polizeiangaben rund 1.100 Menschen teil. Sie protestierten zum Teil aggressiv gegen Israel und den Krieg in Gaza. In lautstarken Sprechchören riefen Redner und Demonstranten „Kindermörder Israel, Frauenmörder Israel, Babymörder Israel“, „Yallah, yallah Intifada“ und „From the River to the sea“. Intifada waren frühere palästinensische Aufstände und Serien von Terroranschlägen gegen Israel.

Es kam zu Tumulten und heftigen Rangeleien zwischen Demonstranten und Polizei. Polizeisprecher Nath sprach von „erheblichen Gewalttätigkeiten aus der Menge“ auf Polizeibeamte. Es habe Flaschen- und Steinwürfe gegeben. 56 Menschen wurden nach jüngsten Angaben des Sprechers festgenommen. Die Polizei löste die Demonstration schließlich auf. 

42 Ermittlungsverfahren eingeleitet

Die verletzten Demonstranten seien von der Berliner Feuerwehr versorgt und in Krankenhäuser gebracht worden. Angaben zur Anzahl der Betroffenen seien nicht möglich, sagte Sprecher Nath. Auch ein Feuerwehrsprecher machte dazu keine Angaben. Aus Sicht der Feuerwehr gab es aber kein „größeres Einsatzaufkommen“. 

Die Polizei ermittelt unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung, besonders schweren Landfriedensbruchs sowie tätlichen Angriffs und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Wegen des Ausrufs verbotener Parolen und des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen werde ermittelt. 

Nach Angaben des Sprechers wurden 42 Verfahren eingeleitet. Rund 1.000 Polizisten und Polizistinnen waren nach den Angaben im Tagesverlauf im Einsatz.

Der palästinensische Gedenktag Nakba am 15. Mai erinnert an Flucht und Vertreibung Hunderttausender Palästinenser im ersten Nahostkrieg 1948 nach der Staatsgründung Israels. In den vergangenen Jahren gab es bei diesen Veranstaltungen mehrfach Tumulte und Rangeleien mit der Polizei.