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Parteipolitik Gewachsene AfD ringt in Niedersachsen um interne Strukturen

Nicht nur die Zustimmungswerte der niedersächsischen AfD steigen - auch ihre Mitgliederzahlen. Der Landesverband reagiert darauf mit einer Umstellung, die in der Partei hitzig diskutiert wird.

Von dpa 20.08.2023, 12:31
Ein Mann mit schwarz-rot-goldenen Hut steht beim Landesparteitag der AfD Niedersachsen.
Ein Mann mit schwarz-rot-goldenen Hut steht beim Landesparteitag der AfD Niedersachsen. Julian Stratenschulte/dpa

Celle - Mitten im Umfragehoch hat die AfD in Niedersachsen eine Reihe von parteiinternen Änderungen beschlossen. So sind neben den bisher üblichen Mitgliederversammlungen künftig auch kleinere Parteitage mit Delegierten möglich, was der Rechtsaußenpartei insbesondere die schwierige Hallensuche erleichtern soll. Mit Sonja Nilz wurde am Wochenende in Celle zudem eine Generalsekretärin gewählt. Vor der Halle demonstrierten am Samstag rund 1500 bis 2000 Menschen gegen das Treffen der AfD.

In den vergangenen Jahren war die Partei oft von internen Querelen geprägt gewesen. In Celle beschworen Parteichef Tino Chrupalla und Landeschef Frank Rinck dagegen einen neuen Zusammenhalt. „Wir stehen geschlossen, wir stehen zusammen“, sagte Rinck. „Wir sind erwachsen geworden“, sagte Chrupalla.

Seit Ende 2022 ist die Mitgliederzahl der AfD in Niedersachsen von rund 2500 auf mittlerweile rund 3000 gestiegen. Eine Umfrage sah die Partei im Land zuletzt bei 14 Prozent Zustimmung. Bei der Landtagswahl im Oktober hatte die AfD ihr Ergebnis von 2017 fast verdoppelt und 11 Prozent der Stimmen erhalten.

Ihre neue Größe ist für die AfD allerdings auch eine Herausforderung. So fiel es der Partei immer schwerer, ausreichend große Hallen für ihre Parteitage zu finden - auch, weil diese Treffen bisher für alle Mitglieder offenstanden. Nach einer hitzigen Debatte entschieden die Mitglieder jetzt mit 355 Ja- und 118 Nein-Stimmen, dass künftig auch Parteitage mit Delegierten stattfinden können. Die Veranstaltungen könnten dadurch kleiner ausfallen als in Celle, wo rund 470 AfD-Mitglieder stimmberechtigt waren.

Der Landesvorsitzende Rinck hatte eindringlich appelliert, diese Änderung sei nötig, um den Landesverband arbeitsfähig zu halten. Gefühlt habe die AfD bereits versucht, sich in jeder Halle in Niedersachsen einzuklagen - mit überschaubarem Erfolg. Auch die Halle in Celle zu bekommen, habe Monate gedauert, hieß es. Gegenredner hielten entgegen, die Mitglieder würden mit der Umstellung auf Delegierte entmündigt. Das widerspreche den Grundsätzen der AfD.

Insgesamt wollte der Landesvorstand die AfD Niedersachsen mit dem Parteitag professioneller aufstellen als bisher. Dazu will auch die neue Generalsekretärin Nilz beitragen. Die 36 Jahre alte bisherige Leiterin der AfD-Geschäftsstelle erklärte, sie wolle helfen, dem Landesverband auch bundesweit mehr Gewicht zu verleihen. Zudem wurde eine neue Finanzordnung beschlossen.

„Mittlerweile sieht man, dass sich dieser Landesverband professionalisiert“, gab Bundessprecher Chrupalla der niedersächsischen Führung seine Rückendeckung.

Der Parteichef schickte zudem eine Kampfansage an die CDU. „Friedrich Merz wollte uns halbieren. Stattdessen haben wir uns verdoppelt“, sagte Chrupalla und ergänzte: „Wir müssen die CDU halbieren, und die Grünen müssen verschwinden als gefährlichste Partei.“ CDU-Bundeschef Merz hatte 2018 gesagt, er traue es sich zu, die AfD zu halbieren.

Chrupalla unterstrich, die AfD sei bereit, schrittweise Regierungsverantwortung zu übernehmen. Andere Parteien hätten Angst davor, dass es den Bürgern besser gehe, wenn die AfD regiere, sagte er. Die AfD könne aber nicht nur Opposition, sondern auch Leistung zeigen. „Das werden wir zeigen, in den Kommunen, da müssen wir anfangen, dann in den Landesparlamenten und dann in der Bundesregierung“, sagte Chrupalla.

Im thüringischen Landkreis Sonneberg stellt die AfD erstmals einen Landrat, in Raguhn-Jeßnitz in Sachsen-Anhalt einen Bürgermeister. Auch bei den Landtagswahlen im Osten im nächsten Jahr sieht Chrupalla die Chance für die AfD, als Sieger hervorzugehen.

An der Gegendemo am Samstag in Celle nahmen laut Polizei rund 1500 Menschen teil, die Veranstalter selbst sprachen von 2000 Teilnehmern. Hauptredner Thorsten Gröger, Bezirksleiter der IG Metall, sagte, die AfD stelle eine Gefahr für das Land und die Demokratie dar.

Die AfD ist auch in Niedersachsen als Verdachtsobjekt auf dem Radar des Verfassungsschutzes. Verfassungsschutzpräsident Dirk Pejril stellte Anfang des Jahres fest, dass von einer Distanzierung von radikalen innerparteilichen Kräften wenig zu erkennen sei.