Gesundheitsschutz Gesundheitsschutz: Lärm macht krank und ist teuer

Berlin/dpa. - «Es zeigt sich deutlich, dass die Lärmbelastung immer weiter ansteigt, obwohl der Schall an der Quelle reduziert worden ist», sagte Prof. Brigitte Schulte-Fortkamp von der Deutschen Gesellschaft für Akustik (DEGA) am Montag in Berlin. Über 100 Aufklärungs-Aktionen sind zum «Tag gegen Lärm» bundesweit geplant.
30 Jahre Forschung hätten zwar neue Erkenntnisse zum Lärmschutzgebracht, aber viel zu wenig des Erkannten werde umgesetzt, beklagte Schulte-Fortkamp. Vor allem Jugendliche wüssten kaum darüber Bescheid, wie schnell sie ihr Gehör dauerhaft schädigen könnten. So kann ein voll aufgedrehter MP3-Player mehr als 100 Dezibel (db/A) erreichen, schon im mittleren Bereich liegt der Pegel bei 83 bis 82 db/A. Ein Disco-Besuch dröhnt mit bis zu 110 Dezibel ins Ohr. Der medizinische Grenzwert, ab dem das Gehör auf Dauer Schaden nimmt, liegt bei 85 Dezibel.
Auch vier Prozent der Schulanfänger leiden laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) bereits an Hochtonschwerhörigkeit. Der Grund: Knallfrösche, Spielzeugpistolen und Trillerpfeifen in Kinderzimmern. Selbst in Kindergärten werde es immer lauter, kritisierte BZgA-Expertin Eveline Maslon. «Die Kinder werden den ganzen Tag mit Lärm berieselt.»
«Schon drei Dezibel mehr verdoppeln die Belastung für das Ohr»,betonte Jutta Versting von der Berufsgenossenschaft Bauwirtschaft. ImBaugewerbe ist die Lärmbelastung wegen der mobil eingesetzten unddeshalb schlecht gegen Schall geschützten Maschinen besonders hoch:Der durchschnittliche Wochenpegel kann dort leicht bei mehr als 85Dezibel liegen - mit Spitzen, die noch viel lauter sind. Die Zahl von7000 anerkannten Fällen von beruflich bedingter Schwerhörigkeitstagniert seit Jahren. Der Griff zum Gehörschutz ist deshalb seitFebruar 2006 schon ab 80 Dezibel Pflicht. Die Bau-Berufsgenossenschaft habe im Jahr 2004 allein an die 7000Dauerkranken 20 Millionen Euro gezahlt.
Aber auch Verkehrslärm und Fluglärm rauben vielen MenschenErholung und Schlaf: Ein Drittel aller Deutschen fühlt sich durchFluglärm belästigt. «Der derzeit vorliegende Entwurf für ein neuesFluglärmgesetz reicht bei weitem nicht aus. Kein Flughafen würde dannleiser werden, als er jetzt ist», kritisierte Ulrich Kohnen vomVerkehrsclub Deutschland. Ein Grund: Die Flugzeuge seien zwar leiser,aber viel zahlreicher geworden. Der Gesamtaufwand für Lärm-Sanierungen in den nächsten zehn Jahren wird laut der Gesellschaftfür Akustik auf rund 600 Millionen Euro geschätzt.
Doch nicht nur Menschen leiden: Die akustisch extrem sensiblenWale und Delfine können sich durch den auch unter Wasser zunehmendenLärm immer schwerer orientieren - und stranden beispielsweise. «DieWirkung reicht von kurzfristigen Störungen bis hin zum direkten Todder Tiere», sagte der Meeresbiologe Karsten Brensing von der Wal- undDelfinschutzorganisation WDCS. Der Lärm unter Wasser verdoppele sichetwa alle zehn Jahre. «Wir fordern deshalb, dass für die eingesetztenGeräte, etwa bei der Rohstoffförderung, Lärmschutzbestimmungen geltenmüssen.»
