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Gesundheit Gesundheit: Neues Gesetz verunsichert Spaniens Raucher

Von Hubert Kahl 01.01.2006, 15:24

Madrid/dpa. - DieExperten des Ministeriums mussten passen. «Das müssen wir nochklären», lautete ihre Antwort. Einerseits ist ein Bordellzimmer einePrivatsphäre, demnach dürfte dort geraucht werden. Andererseits istes eine «Arbeitsstätte», und dort herrscht nunmehr Rauchverbot.

Mit den zwölf Glockenschlägen in der Silvesternacht ist in Spanieneine neue Zeit angebrochen. Im einstigen «Raucherparadies» trat am 1.Januar eines der strengsten Anti-Tabak-Gesetze Europas in Kraft.Zigaretten sind in öffentlichen Gebäuden und an Arbeitsstättenuntersagt, Raucherzimmer sind verboten. Es darf im Grunde nur noch imFreien oder daheim sowie mit Einschränkungen in Gaststätten gequalmtwerden. Die Raucher sind verunsichert.

Zu Tausenden wählten sie die Hotline des Gesundheitsministeriums,um die Experten um Rat zu fragen. «Dürfen Lastwagenfahrer am Steuerrauchen?», wollten Anrufer wissen. Antwort: «Ja, die Fahrerkabine desLkw ist zwar ein Arbeitsplatz, aber kein Arbeitszentrum, wo der Rauchdie Kollegen stört.» Was gilt in der Video-Einzelkabine einesSexshops? Antwort: «Rauchverbot, weil dies ein öffentlichzugänglicher Raum ist.» Sind Zigarren beim Stierkampf verboten?Antwort: «Nein, sofern die Arena nicht überdacht ist.»

Am Freitag, dem letzten Werktag des alten Jahres, wurden in denAmtsstuben demonstrativ alle Aschenbecher eingezogen. Wer sich nuneine Zigarette anstecken möchte, muss auf die Straße gehen. GroßeFirmen wie der Telekom-Konzern Telefónica wiesen ihre Angestelltendarauf hin, dass dies aber nur in den Pausen erlaubt ist.

In Restaurants mit mehr als 100 Quadratmeter Fläche sind jetztRaucher- und Nichtraucherzonen durch Schilder kenntlich gemacht. Inspätestens acht Monaten müssen beide Bereiche durch Wände getrenntsein. Die Besitzer kleinerer Gaststätten mussten entscheiden, ob ihreKneipen nun Raucher- oder Nichtraucherlokale sind. Ein Wirt inPamplona in Nordspanien ließ seine Stammgäste in einem «Referendum»die Entscheidung treffen.

Nach Schätzungen des Gaststättenverbandes entschieden sich etwa 90Prozent der Lokale für das Rauchen und 10 Prozent dagegen. «Wenn dieNichtraucher-Kneipen gut über die Runden kommen, könnten sie baldSchule machen und ihr Anteil Ende 2006 schon bei 20 Prozent liegen»,meint ein Sprecher. In den Hotels sind 70 Prozent der Zimmer fürNichtraucher reserviert.

Für die Gefängnisse wurde eine Sonderregelung eingeführt, weil dieInsassen nicht «mal eben» auf die Straße gehen können. In bestimmtenZellen darf geraucht werden, in anderen nicht. Dazu wurden dieHäftlinge in drei Kategorien eingeteilt, in Raucher, Nichtraucher undtolerante Passivraucher.

Das Anti-Raucher-Gesetz gilt für ganz Spanien - nur Mallorca unddie anderen Balearen rebellieren. Die Regionalregierung in Palmaweigert sich, das Gesetz anzuwenden. Sie meint, ihr eigenesRauchverbot sei strenger als das landesweite. In Madrid wird diesbezweifelt. Auf den Balearen sind auch für kleinere GaststättenRaucher- und Nichtraucherzonen vorgeschrieben. Es wird aber offengelassen, ob diese Zonen durch Wände getrennt werden müssen.