Gesundheit Gesundheit: Architekten entwickeln Krankenhäuser zum Genesen

Berlin/dpa. - «Warum denken wir erst auf den Palliativstationen, wenn es umSchwerstkranke und Sterbende geht, an den Menschen und sein Bedürfnisnach einer hellen, freundlichen Umgebung?», fragt die Professorin.Auf ihrem großen Schreibtisch im 5. Stock des TU-Architektenhausesmit weitem Blick über den Berliner Westen, türmen sich Termine vonSymposien und Tagungen. «Im Moment sind wir sehr gefragt», sagt dieBayerin, die sich zusammen mit ihrem Mann, Prof. Hans Nickl, vonihrem Münchner Büro aus seit Jahren um das Thema Krankenhausbaukümmert.
Geradezu Modellcharakter hat das Kreiskrankenhaus Agatharied, dasvon 1994 bis 1998 im oberbayerischen Landkreis Miesbach entstand - esist wie eine kleine Stadt konzipiert und schmiegt sich in dieVoralpenlandschaft. Dreigeschossige Bettenhäuser liegen wie einMäander um einen Hauptbau mit Untersuchungs- und Behandlungsräumen.Besucher und Patienten betreten das Haus, dessen Fassade von Holz und großen Glasflächen dominiert ist, durch eine lichte, freundlicheEingangshalle. Anstelle einer Klimaanlage sorgt darin ein murmelnderBach für frische Luft. Ähnlich modular, aber viel größer und mitroter Backsteinfassade wird das neue Universitätsklinikum in Hamburg,das von Herbst 2005 an nach Plänen der Nickls entsteht.
«Tageslicht und Luft sind ganz wichtig. Gleichzeitig sollte einKrankenhaus aber auch eine Art schützender Kokon sein», erläutertNickl-Weller. Durch die neuen Abrechnungspauschalen (DRGs) sei dasKrankenhaus der Zukunft nicht mehr in erster Linie ein Bettenhaus,sondern Diagnose- und Therapiezentrum. Nickls Vision eines solchenmedizinischen Service-Centers: Eine «moderne Poliklinik» mit einerzentralen Anlaufstelle, einer «Shop-Zeile» für Patienten, die dannauf ihrem individuellen Patientenpfad von verschiedenen ärztlichenAngeboten profitieren.
Die Betten, die darüber hinaus nötig seien, sollten dann in einemanderen Teil des Hauses Platz finden und Hotelcharakter haben. «Doches ist haarsträubend, wie diese Zimmer unter dem Vorwand der Hygienebisher gestaltet wurden. Warum muss man im Krankenbett beiUntersuchungsbeleuchtung sein Buch lesen? Und warum liegen selbstgrößere Kinder in Gitterbetten? Zu Hause fallen sie doch auch nichtraus.» Wohnlichere Lösungen für Licht und Raumgestaltung seien oftsogar viel preiswerter.
Jüngstes Projekt der TU-Krankenhausbauer: So genannte «Health-Boxes», Gesundheitsboxen in transportabler Containergröße, die alszusammensetzbare Einheiten ein Mini-Krankenhaus aus Labor, Röntgenboxund OP bilden. «Unsere Idee ist, dass diese Boxen inKatastrophenfällen eingesetzt werden und dann als Kern einesstationären, erweiterbaren Krankenhauses vor Ort bleiben.» DasKonzept ist fix und fertig. «Wir haben es der Bundesregierungangeboten, aber noch keine Reaktion.» Nickl-Weller sagt es lächelndund bestimmt. Keine Frage, dass sie und ihre Studenten dranbleiben,bis auch diese Krankenhausvision Wirklichkeit wird.