Gesellschaft Gesellschaft: Europas Adel in der Preußenresidenz Potsdam

Potsdam/dpa. - «Wir sind überwältigt von der Resonanz hier in Potsdam», schwärmteder Geschäftsführer der Vereinigung der Deutschen Adelsverbände(VdDA), Albrecht von dem Borne. Mehrere hundert Schaulustige ausPotsdam und Berlin warteten mit Kind, Kegel und Fotoapparat, als diefestlich gekleideten blaublütigen Damen und Herren beiBlitzlichtgewitter im Krongut an den «Langen Kerls» vorbeidefilierten. Der Ostdeutsche Rundfunk Brandenburg (ORB) hatte sogarzu einer Live-Übertragung geschaltet.
Aber als die roten Leibgrenadiere des preußischen «Soldatenkönigs»Friedrich Wilhelm I. (1688 - 1740) - ein 1990 gegründeter PotsdamerHobby-Verein - zum Apell aufmarschierten, zückte denn auch so mancherAdelige die Kamera. VdDA-Präsident Alfred-Ernst Fürst zu Löwenstein-Wertheim-Freudenberg war sich auch nicht zu schade, nebst Gattin fürein gemeinsames Foto mit «Friedrich dem Großen» (1712 - 1786) zuposieren - seine Königliche Hoheit freilich wurde gespielt von demeigens aus dem Rheinland angereisten Double Rolf Zahren (62).
«Wir sind ganz normale Leute», betonte Fürst Löwenstein. MitAdligen wie etwa Maja von Hohenzollern (30), die für einefünfstellige Summe in Berlin auch mal ein neues Parfüm vorstellt,will man nichts zu tun haben. «Das ist eine Geisteshaltung, die wirnicht teilen», sagte Maximilian Graf Haller von Hallerstein. Ererklärt sich das neuerdings große Interesse am Adel durch eine«Renaissance der traditionellen Werte». «Wir gehen anständig undfreundlich miteinander um. Bei uns wird Familienzusammenhalt großgeschrieben.»
So fanden sich denn zwar bekannte, aber keine bunt-schillerndenNamen auf der Gästeliste des Kongresses. Die Eröffnungsansprache imPotsdamer DDR-Plattenbau «Hotel Mercure» hielt der 89-jährige frühereEuropa-Abgeordnete, Erzherzog Otto von Habsburg, Sohn des letztenösterreichischen Kaisers Karl I. Am festlichen Diner sollteursprünglich der 26-jährige Chef des Hauses Hohenzollern, GeorgFriedrich Prinz von Preußen, teilnehmen. Er ließ sich aberkurzfristig von seinem Onkel, Franz Friedrich Prinz von Preußen (58),vertreten. Dieser wollte nach dem Essen aber wieder schnellverschwinden. «Tanzen kann ich nicht.»
Ein märkisches Drei-Gänge-Menü zauberte Koch Ronny Pietzner (24),jüngstes Mitglied in der deutschen Köche-Nationalmannschaft, für dieblaublütigen Gäste aus Europa. Damit der Linsensalat mitZiegenkäsetörtchen, der Hirschrücken und die Patisserie zum Nachtischauch standesgemäß gereicht wurde, schickte Krongut-Chef FriedhelmSchatz die rund 20 Service-Kräfte sicherheitshalber noch mal auf dieSchulbank. Sie mussten lernen, wie «Ihre Durchlaucht» oder«Königliche Hoheit» korrekt angesprochen wird.