1. MZ.de
  2. >
  3. Panorama
  4. >
  5. Ehemalige RAF-Terroristin: Geldbote im Klette-Prozess: „Ich empfand das erst als Spaß“

Ehemalige RAF-Terroristin Geldbote im Klette-Prozess: „Ich empfand das erst als Spaß“

Aus einem vermeintlichen Scherz wurde schnell ernst: Im Prozess gegen Daniela Klette berichtet ein Opfer von einem Millionenraub – mit Panzerfaust, Schüssen und einem bizarren Moment im Möbelhaus.

Von dpa Aktualisiert: 18.06.2025, 14:27
Im Prozess gegen Daniela Klette wird erstmals ein Raubüberfall in Cremlingen verhandelt.
Im Prozess gegen Daniela Klette wird erstmals ein Raubüberfall in Cremlingen verhandelt. Focke Strangmann/dpa POOL/dpa

Verden - Ein Geldbote hat im Prozess gegen die frühere RAF-Terroristin Daniela Klette von seinen Erinnerungen an einen millionenschweren Raubüberfall im niedersächsischen Cremlingen bei Braunschweig berichtet. Er habe anfangs gar nicht an einen Überfall geglaubt, sagte der 52-Jährige vor dem Landgericht Verden. „Ich empfand das erst als Spaß.“ Als ein Maskierter neben ihm in die Luft geschossen habe, habe er schließlich den Ernst der Lage begriffen.

Geldbote schubst bewaffneten Mann zur Seite

Laut Anklage lauerten Klette und ihre Komplizen Burkhard Garweg und Ernst-Volker Staub dem Fahrer eines Geldtransporters und dem Geldboten am 25. Juni 2016 vor einer Möbelfiliale auf. Sie sollen den Transporter mit zwei Autos eingekeilt haben. Der Maskierte - mutmaßlich Staub - soll den ausgestiegenen Beifahrer mit einer Pistole bedroht und Geld gefordert haben. 

Der Vorsitzende Richter liest dem Zeugen dazu seine Aussage bei der Polizei vor: „Erst dachte ich, das ist ein Penner oder ein Alki“, hatte der Mann ausgesagt. Tatsächlich habe er dem Maskierten damals keine große Beachtung geschenkt, ihn zur Seite geschubst und das Geschäft mit einer Geldkassette betreten, erinnerte sich der Geldbote vor Gericht. „Weil ich nicht reagiert habe, hat er geschossen.“ Ein Warnschuss in Richtung Decke. „Da habe ich das erst wahrgenommen, dass das ein Überfall ist.“

Trio droht mit Pistole, Kalaschnikow und Panzerfaust

Der Mann habe die Pistole nahe an seiner Schläfe gehalten, sagte der Geldbote. Gemeinsam seien sie zurück zum Geldtransporter gegangen, wo eine Frau mit einer Panzerfaust und ein Mann mit Kalaschnikow seinen Kollegen bedroht hätten. Erst im Nachhinein habe er erfahren, dass Garweg mit seiner Waffe auf die Fahrertür geschossen haben soll. Die Kugel habe eine Beule in der Tür hinterlassen.

Die Bewaffneten hätten ihn an der Beifahrertür mit Handschellen gefesselt, berichtete der 52-Jährige. Sein Kollege sei gezwungen worden, den Geldtransporter zu öffnen. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Staub zwei Kübel mit Bargeld aus dem Wagen holte und nach dem Verladen noch zweimal auf eine Reklametafel schoss. Das Trio soll mit knapp 1,4 Millionen Euro geflohen sein. 

Fahndungsfoto der Ex-RAF-Terroristen in der Firma

Ein halbes Jahr zuvor seien schon seine Kollegen in Wolfsburg überfallen worden, berichtet der Geldbote vor Gericht. Der Fall ist ebenfalls Teil der Anklage, dahinter sollen auch die ehemaligen RAF-Mitglieder stecken. „Bei uns hing ein Bild von den Dreien“, sagte der Zeuge. Im Team seien die mutmaßlichen Überfälle der Ex-Terroristen bereits Thema gewesen.

Er könne jedoch nicht sicher sagen, ob die Menschen auf dem Fahndungsfoto hinter dem Überfall in Cremlingen stecken. „Man kann ja niemanden verdächtigen, wenn man es nicht weiß.“ Er könne sich Jahre später auch nicht mehr an Haarfarbe, Kleidung oder Maskierung des Trios erinnern.

13 Raubüberfalle und versuchter Mord

Die frühere RAF-Terroristin Klette verfolgt die knapp zweieinhalbstündige Vernehmung aufmerksam. Sie steht seit Ende März wegen einer Serie von Überfällen auf Supermärkte und Geldtransporter zwischen 1999 und 2016 vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft wirft der 66-Jährigen versuchten Mord, unerlaubten Waffenbesitz sowie versuchten und vollendeten schweren Raub vor.

Gemeinsam mit ihren mutmaßlichen Komplizen Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg soll sie mehr als 2,7 Millionen Euro für ihr Leben im Untergrund erbeutet haben. Die Ermittler nahmen Klette im Februar vergangenen Jahres in Berlin fest, Staub und Garweg werden weiterhin gesucht.

Geldbote will mit dem Überfall abschließen

Nach dem Überfall in Cremlingen habe er sich schnell wieder in die Arbeit gestürzt, sagte der Geldbote vor Gericht. „Ich war froh, dass ich das hinter mir hatte und wollte davon eigentlich nichts mehr wissen.“ Sein inzwischen gestorbener Kollege habe den Überfall schlechter weggesteckt. Er sei lange krankgeschrieben gewesen, habe nur noch wenige Stunden arbeiten können und habe Probleme mit Alkohol gehabt.

Wenn sich der Überfall jähre oder wenn in Medien darüber berichtet werde, komme auch bei ihm die Erinnerung an damals wieder hoch. „In letzter Zeit ist es wieder bisschen mehr geworden“, sagte der 52-Jährige. „Da hab' ich Probleme mit dem Schlafen.“ Der Prozess könnte ein Abschluss sein. Bis Ende des Jahres sind zunächst weitere Verhandlungstermine geplant.