Gastronomie Gastronomie: Einheitlichen Sauerbraten gibt es nicht

Falkenstein/dpa. - Für einen typisch vogtländischenSauerbraten gibt es kein festes Rezept. Zu diesem Schluss ist dieJury aus Vogtländern bei einem Sauerbraten-Test am Montag inFalkenstein gekommen. Hintergrund der Verkostung war der erbittertgeführte Streit um einen «echt vogtländischen Sauerbraten» vor demAuerbacher Amtsgericht. Wirte der Region kredenzten Sauerbraten insieben Variationen. Trotz unterschiedlicher Zubereitung sei keineinziger schlecht bewertet worden, sagte der vogtländischeAmtstierarzt Hans-Georg Möckel nach dem Test im Berufsschulzentrumfür Köche.
Das Amtsgericht Auerbach hatte Ende Mai eine Wirtin abgewiesen,die die Zeche eines Gastes einklagen wollte. Dieser hatte im August2001 die Rechnung nicht bezahlt, weil ihm die vorgesetzte Speisenicht schmeckte. Die Wirtin hatte darauf bestanden, einen echtenvogtländischen Sauerbraten kredenzt zu haben. Das fand der Gast garnicht. Er bemängelte die zu helle und mehlige Soße und das verkochteRotkraut. Das Gericht wies die Frau ab, weil sie nicht nachweisenkonnte, dass sie tatsächlich einen Sauerbraten mittlerer Art und Güteserviert hatte.
Zur Ehrenrettung der vogtländischen Leibspeise hatte dasLandratsamt Honorationen des Vogtlandkreises zu einer öffentlichenVerkostung zusammengetrommelt. Der Plauener Polizeidirektor JohannesHeinisch, der Richter am Auerbacher Amtsgericht Bernd Fischer undOberbürgermeister der Region fanden sich zu der Gourmet-Rundezusammen. «Aus polizeilicher Sicht sind die Sauerbratenunbedenklich», urteilte der Polizeidirektor über die serviertenGerichte. «Die kriegen alle einen Stempel.» Auch Richter Fischer,dessen Kollege sich mit dem Sauberbraten-Fall in der Heimatstadt derstreitbaren Regina Zindler («Maschendrahtzaun») befassen musste,befand die Speisen für gut. Punkte vergaben die Tester nicht.
Leise wurde angemerkt, «e bissel saurer hätt 's sein können».Lediglich die Idee eines Wirtes, seinen Sauerbraten «AuerbacherAmtsgericht» zu benennen, trieb dem Richter Falten auf die Stirn. DieHobby-Gourmets mussten sich auch an neue Kreationen gewöhnen. Sowurde ein Sauerbraten aus Lammfleisch kredenzt. Auch ein vegetarischeVariante aus Tofu - reinem Soja-Eiweiß - kam auf den Tisch. Dafür seikeine besondere Zubereitung nötig, verriet Jens Friedrich,Vollwertkoch einer Privatklinik in Bad Elster. «Entscheidend ist derSud, in dem das Tofu eingelegt wird. Hier kommt's auf dieZusammensetzung des Wurzelgemüses an.»
Amtstierarzt Möckel hatte sich im Vorfeld ausgiebig mit dem Themabefasst. «Es gibt mindestens 4000 verschiedene Zubereitungsarten»,stellte er fest. Das sei kein Wunder, denn das Einlegen des Fleischeswar früher weniger Geschmackssache, sondern diente der Haltbarkeit.«Das Fleisch musste abgesäuert werden, um die unerwünschte Bildungvon Keimen zu verhindern», sagte der Amtstierarzt. Fleisch von Pferd,Lamm, Hirsch, Schwein und sogar von Robben eignet sich für einenSauerbraten. «Nur einen aus Fisch habe ich nicht gefunden.» DerSauerbraten lebe von der Vielfalt in Einheit, philosophierte der 52-Jährige. «Sauerbraten unterscheidet sich nur durch das Fleisch unddas Gemüse für den Sud. Ansonsten ist es aber immer ein Sauerbraten,nicht nur im Vogtland, sondern in ganz Deutschland.»