Frisuren Frisuren: Wandelnder «Kuschelteppich»

Heilbronn/dpa. - Pedmezci-Ünsal hat Jura studiert; doch ob die Mutter eines kleinenMädchens jemals auch als Juristin arbeiten wird, hängt von derToleranz potenzieller Arbeitgeber ab: «Meine Haare würde ich für denJob jedenfalls nie abschneiden lassen.» Viel lieber würde sie dagegenberühmt werden: Die 27-Jährige träumt von einer Karriere alsBühnenstar. «Schauspielerin oder Sängerin - das könnte ich mir gutvorstellen.»
Angebote habe sie schon bekommen, sagt sie, doch bisher scheiterteihre Karriere am Widerstand ihres Ehemannes. «Er möchte nicht, dassich mitmache - aber vielleicht klappt es ja doch eines Tages.»Schließlich habe sie mit ihrem fast 1,70 Meter langen Haarschopfnicht nur Äußerlichkeiten zu bieten. «Ich besitze ein Talent zurSchauspielerei», meint sie selbstbewusst.
Auf der Straße ist Pedmezci-Ünsal stets Exotin. «Wenn ich nur zumEinkaufen gehe, werde ich schon bis zu 50 Mal angesprochen», erzähltsie. Es mache ihr Spaß, den Neugierigen Rede und Antwort zu ihrer«Mähne» zu stehen. «Nur wenn ich mal richtig schlecht drauf bin,möchte ich in Ruhe gelassen werden.» Auf zu viel Interesse steht dieNordheimerin allerdings nicht: «Wenn jemand versucht, mich an denHaaren zu ziehen, könnte ich ausflippen.»
Ans Abschneiden hat sie bisher noch nie gedacht. Schließlich habenlange Haare in der Türkei und insbesondere in ihrer FamilieTradition. Schon die Haare ihrer Mutter reichten bis zum Boden.«Früher wurde der Wert einer Frau in der Türkei an der Länge ihrerHaare gemessen», erklärt Pedmezci-Ünsal.
Einmal wöchentlich ist Waschtag bei der Familie Pedmezci-Ünsal:Waschen, legen, trocknen dauert gut drei Stunden. Die Mähne kann nurin der Badewanne wirklich gezähmt werden. «Unter der Dusche reichtder Platz einfach nicht aus.» Eine knappe Flasche Shampoo genügt.
Im Alltag erlebt die Juristin ihr «Kuschelfell» nicht alsEinschränkung. Lediglich Sport könne sie nicht machen, berichtet sie.«Aber damit kann ich gut leben.» Immerhin reitet Pedmezci-Ünsal gern.Das sei kein Problem, dabei könne sie ihre Locken gut hinter sichherwehen lassen. Nicht immer reagiert ihre Umgebung mit Wohlwollenauf das wallende Haar. «Manche Frauen sind eifersüchtig und neidisch,weil ich so auffällig bin.»
Den Friseursalon kennt Pedmezci-Ünsal gut von innen. Schließlichmüssen die Spitzen regelmäßig geschnitten werden, damit dieHaarpracht nicht zum Besen wird und den Boden kehrt. Irgendwannallerdings wird auch für die junge Frau der Traum aus Haar vorbeisein. «Wenn ich mal über 40 bin, werde ich mir die Haare schneidenlassen - eine alte Frau mit so langen Haaren, das geht nicht.» Abervorher möchte sie gerne noch «so richtig berühmt» werden.