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Freizeit Freizeit: Bars als Spielplatz für Erwachsene

Von Caroline Bock 20.09.2006, 05:54
Drag-Queen Nina Queer sammelt in der Bar «Zum schmutzigen Hobby» in Berlin die Fragebögen einer Quizshow ein (Archivfoto vom 02.11.2005). Mit Spieleabenden, Fernsehserien und Kulturangeboten versuchen viele Kneipen, Bars und Clubs ihre Gäste von der Wohnzimmercouch an den Tresen zu locken. (Foto: dpa)
Drag-Queen Nina Queer sammelt in der Bar «Zum schmutzigen Hobby» in Berlin die Fragebögen einer Quizshow ein (Archivfoto vom 02.11.2005). Mit Spieleabenden, Fernsehserien und Kulturangeboten versuchen viele Kneipen, Bars und Clubs ihre Gäste von der Wohnzimmercouch an den Tresen zu locken. (Foto: dpa) dpa

Berlin/dpa. - In Berlin wird an diesem Freitag sogar«Kneipengolf» gespielt, nach Angaben der Veranstalter ist es eineDeutschlandpremiere. Dabei werden in der Kulturfabrik Moabit ähnlichwie beim Minigolf Bahnen aufgebaut, Hindernisse sind dabei OmasKaffeewärmer, ein alter Autoreifen oder ein Bierkasten.

Vor einigen Jahren waren Lounges mit Sofas und Sesseln zum Fläzenund Strandbars der letzte Schrei. Während der Fußball-Weltmeisterschaft stellte fast jede Bar, die etwas auf sich hielt,einen Tischfußball auf und rief zum Tippspiel auf. Hörspielabendeversetzen die gereifte Großstadtjugend in ein wohliges Retrogefühl.«Komm' spielen» - so scheint das Motto allerorten zu sein.

Im Café «Kauf' dich glücklich» im Berliner Szenebezirk PrenzlauerBerg sitzen beispielsweise Eltern mit ihrem Nachwuchs in der Sonne,dazu gibt es Waffeln wie beim Kindergeburtstag - und auf demEistresen altmodische Aufziehfiguren, die sich nicht nur die Kleinenkaufen. Im «Trailerpark» in Mitte haben sich drei Männer um die 40ausgetobt und Wohnwagen aufgesägt und zu Lounge-Landschaftenausgebaut. «Die Strandbar ist durch», sagt einer der Betreiber. Immerneue Ideen müssen her. Am Spreeufer können sich die Szenegänger ineiner Westernstadt aus Holzbuden wie Cowboys fühlen, während dieKinder im Sand spielen.

Bingo und Quizabende sind als Trend aus England nach Deutschlandgeschwappt. Wie früher auf den Dörfern begeistern sich diejugendlichen Barbesucher für Bingo, bei dem derjenige gewinnt, derzuerst fünf Zahlen in einer Reihe ankreuzen kann. Die Preise sindwohl weniger der Grund. So verschenkt die «Bitsy Bar» im HamburgerStadtteil St. Pauli glitzernde Mokka-Tassen, CDs mit Blasmusik undDildos. Das Haus ist voll, die Gäste kommen mittlerweile eine Stundevor Beginn, um einen Sitzplatz zu ergattern.

Der Spieltrieb in der Erwachsenenwelt ist auch den Trendforschernaufgefallen. Eike Wenzel vom Zukunftsinstitut (Kelkheim) spricht vom«Peter-Pan-Syndrom» - dem Wunsch nach ewiger Jugend - und von«Dadsters», abgeleitet aus dem englischen «Dad» und «Hipsters». «Siewollen einfach nicht, dass Elternsein uncool sein muss». PeterWippermann vom Hamburger Trendbüro meint: «Es fehlen eigentlich nurdie alten Atari-Rechner.» Er glaubt auch, dass durch die Fußball-Weltmeisterschaft die Retro-Euphorie noch einmal angeheizt wurde. Amersten Berliner Kneipengolfturnier ist das Interesse groß, berichtendie Veranstalter.