Soziales Frauen mit Behinderung finden bei Gewalt schwer Schutz
Eine Behinderung sollte eine Frau nicht daran hindern, in ein Frauenschutzhaus zu gehen oder Beratungen in Anspruch zu nehmen, fordert die Linke. So sieht es derzeit in der Praxis aus.

Magdeburg - Frauen und Mädchen mit Behinderungen haben es besonders schwer, wenn sie Gewalt erfahren und Hilfe brauchen. Nur 3 der 19 Frauenhäuser in Sachsen-Anhalt etwa sind für mobilitätseingeschränkte Personen ausgestattet, wie eine Anhörung im Sozialausschuss des Landtages kürzlich ergab. Laut einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin der Hochschule Merseburg sind 12 von 44 Anlaufstellen für gewaltbetroffene Frauen rollstuhlgerecht, 3 bieten standardmäßig Beratungen in deutscher Gebärdensprache an.
Frauen mit Pflegebedarf haben keinen Zugang zu Schutzhäusern
Deutlich wurde außerdem, dass in Frauenschutzhäusern zwar viele Frauen mit unterschiedlichen Behinderungen aufgenommen werden können. Es gibt laut einer Vertreterin der Landesarbeitsgemeinschaft der Frauenhäuser aber eine unüberwindbare Hürde: Frauen, die auf Pflege und Assistenz angewiesen sind, erhalten derzeit keinen Zugang zu den Schutzeinrichtungen. „Wir verfügen weder über Pflegepersonal noch über reguläre Nachtdienste. Gerade aber diese Frauen sind in Abhängigkeiten gefangen und damit einem besonders hohen Risiko von Gewalt ausgesetzt“, hieß es bei der Anhörung im September.
Die Linke bringt das Thema ins Plenum ein
Die Linke bringt das Thema in dieser Woche in den Landtag ein. Sie fordert, dass niemand im Hilfesystem verloren gehen darf. Inklusiver Gewaltschutz müsse in Sachsen-Anhalt umgesetzt werden. „Als Linke ist es uns ein wichtiges Anliegen, dass alle Frauen und Mädchen, die Gewalt erleben, Zugang zu Schutz und Beratung erhalten“, erklärte Fraktionschefin Eva von Angern.
Die sogenannte Istanbul-Konvention verpflichte den Staat, die Kommunen und auch die Träger von Einrichtungen der Eingliederungshilfe, Barrieren zu beseitigen. „Wir wollen, dass die Barrierefreiheit beim Ausbau der Gewaltschutzprojekte bis 2032 sichergestellt ist. Sachsen-Anhalt hat hier dringenden Nachholbedarf“, so von Angern weiter. Insbesondere brauche es spezialisierte Schutzplätze für Frauen mit Assistenz- oder Pflegebedarf. In allen Regionen des Landes müssten Frauen mit unterschiedlichen Behinderungen Zugang zu den Hilfen bekommen können.
Landesbeauftragte: Nicht nur auf Barrierefreiheit schauen
Sachsen-Anhalts Gleichstellungsbeauftragte Sarah Schulze geht davon aus, dass viele Fälle von Gewalt gegen Frauen und Mädchen mit Behinderungen gar nicht bekannt werden. Klar sei, dass sie häufiger Gewalt erlebten als Frauen ohne Behinderung. „Sie landen noch selten im Hilfesystem an, wo ihnen geholfen wird“, sagte Schulze. Das habe verschiedene Gründe, die es erforderten, den Fokus über Barrierefreiheit hinaus zu erweitern. Oft mangele es den Frauen am Wissen, was Gewalt ist, und welche Rechte sie haben. Gesellschaftliche Stigmatisierung, Scham und Angst spielten auch eine große Rolle.
Besonders hoch sei das Risiko in stationären Einrichtungen und Werkstätten, wo Abhängigkeiten in besonderem Maße bestünden und die Privatsphäre eingeschränkt sei. Mit der Erarbeitung von Gewaltschutzkonzepten für die Einrichtungen sei schon etwas in Bewegung gekommen. „Ich wünsche mir aber, dass wir hier schneller vorankommen.“ Wichtig sei, die Frauen einzubeziehen, so die Landesbeauftragte.