Frankreich Frankreich: Fourniret soll in diesem Jahr der Prozess gemacht werden

Paris/dpa. - Dieser sollsich noch in diesem Jahr vor Geschworenen dafür verantworten, siebenMädchen oder junge Frauen vergewaltigt und umgebracht zu haben. DieErmittler halten das nur für die Spitze eines Eisberges. Angehörigeder Opfer sehen mit dem Prozess die Zeit gekommen, ein Versagen derJustiz anzuprangern. Die Blutspur des Serientäters bewegt das Land.
«Er will seinen Platz in dem Buch der kriminellen Rekorde haben.»Das meint seine Frau und Komplizin Monique Olivier, die jahrelang mitFourniret zusammen ein teuflisches Paar gebildet haben soll, ihn seitseiner Festnahme im Juni 2003 jedoch schwer belastet. Womöglich willsie so für sich selbst eine geringere Strafe aushandeln. Ihr Ehemann,in Sedan in den Ardennen geboren, kultiviert unterdessen das Imageeines Hannibal Lecter, jenes kannibalistischen Psychiaters in demStreifen «Das Schweigen der Lämmer» - er ist wortkarg, lauscht liebereinem französischen Kultursender, verschickt Neujahrsgrüße in alleWelt.
Den Untersuchungsrichtern in Charleville-Mézières ist der schmaleMann mit dem grauen Bart schon vorgeführt worden, seine Zelle in demGefängnis von Châlons-en-Champagne hat er bezogen. Kartonweise habendie belgischen Ermittler Belastungsmaterial zu Fourniret mit auf denWeg nach Nordrankreich gegeben. Zunächst geht es also «nur» um siebenMorde zwischen 1987 und 2001. «Wir sind mit dem Zählen der Bluttatenaber noch nicht am Ende», weiß ein französischer Ermittler. Einigeder Morde hat der Nordfranzose gestanden, doch ist noch längst nichtalles aufgedröselt. Keiner glaubt dem 63-Jährigen, der von 1990 bis2000 eine Pause eingelegt haben will. Französische Experten klopfenmehr als 50 unaufgeklärte Mordfälle auf Spuren von Fourniret hin ab.
So dürfte ein zweiter Prozess folgen. Auch die Belgier haben nocheine Reihe Bluttaten aufzuklären. Die Anwälte der Angehörigen werdenaber nicht lange warten wollen, um gegen Versäumnisse der Justiz aufdie Barrikaden zu gehen. Denn dieser Mann, der nach eigener Aussage«zwei Mal im Jahr Jungfrauen jagen musste», stand schon im Jahr 1963als 21-Jähriger wegen eines Sexualdelikts vor dem Richter. 1987 dannwegen Vergewaltigung verurteilt, soll er nur wenige Monate nach derHaftentlassung die 17-jährige Isabelle Laville umgebracht haben. «Vonseiner kriminellen Vergangenheit hat nie jemand was gesagt», wundertesich 1991 eine Krankenschwester, die Fournirets Attacke überlebte. Esist merkwürdig, wie oft der Gewalttäter Schlupflöcher finden konnte.
Als überaus eifriger Leser vermischter Zeitungsnachrichten könnteFourniret gern bei so manchem Mädchenmord bekannte «Vorbilder» in derVorgehensweise nachgeahmt haben, auch um Spuren zu verwischen. Dazuzählen die Serienmörder Emile Louis und Francis Heaulme - Fourniretist mit den ihm zur Last gelegten Untaten nicht allein. Und je nachLage geht der Täter anders gegen seine Opfer vor. Das eine Mädchenerwürgt oder ersticht er, das nächste wird erstickt. Die Ermittlerdürfen sich da nicht verwirren lassen. Vor ihnen liegt ein Berg anArbeit bis zu dem, was ein Sensationsprozess zu werden verspricht.