Frankfurt Frankfurt: Kindsmörder steht als Kläger vor Gericht

Frankfurt/Main/AFP. - Ende September 2002 entführte und ermordete Magnus G. den damals elfjährigen Frankfurter Bankierssohn Jakob von Metzler. Zehn Jahre später erregt der grausame Fall auch deshalb noch immer die Gemüter, weil ein Polizist kurz nach der Tat in einer Vernehmung dem damaligen Jura-Studenten Gewalt androhte, um den Aufenthaltsort des Jungen zu erfahren. Der zu lebenslanger Haft verurteilte Kindsmörder zog später wegen der Drohungen selbst vor Gericht. Am Mittwoch geht der Rechtsstreit um eine Entschädigung für Magnus G. vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main in eine neue Runde.
Das Frankfurter Landgericht hatte im August 2011 entschieden, dass das Land Hessen wegen der Gewaltandrohungen an den Kindsmörder eine Entschädigung von 3000 Euro plus Zinsen zahlen muss. Das Land legte gegen das Urteil Berufung ein. Weil schließlich der Versuch scheiterte, ohne öffentliche Verhandlung einen Vergleich zu schließen und so den Rechtsstreit endgültig zu beenden, muss nun das OLG entscheiden.
So werden durch das Berufungsverfahren noch einmal die dramatischen Ereignisse aus dem Herbst vor zehn Jahren in Erinnerung gerufen. Am 27. September 2002 entführte Magnus G. Jakob von Metzler und tötete ihn noch am selben Tag, wie sich später herausstellte. Von den Eltern erpresste er eine Million Euro Lösegeld. Als die Polizei den damaligen Jura-Studenten wenige Stunden nach der Geldübergabe festnahm, hofften die Ermittler noch, dass der Junge lebt.
Am 1. Oktober 2002 kam es deshalb zu der Vernehmung, die seither Gerichte beschäftigt und vor einigen Wochen sogar Thema eines viel beachteten ZDF-Fernsehfilms war. Weil Magnus G. den Aufenthaltsort des Jungen nicht preisgab und stattdessen die Polizei stundenlang mit falschen Angaben narrte, ordnete der damalige Frankfurter Polizei-Vizepräsident an, dem Entführer mit Schmerzen zu drohen, wenn er den Aufenthaltsort den Jungen nicht verrate. Ein Beamter setzte dies in die Tat um. Erst daraufhin führte Magnus G. die Ermittler zu einem Teich, in den er die Leiche des Kindes geworfen hatte.
Das Frankfurt Landgericht verurteilte Ende 2004 die beiden Polizisten zu Geldstrafen auf Bewährung. Magnus G. reichte das nicht. Er verlangte vom Land Hessen für das Verhalten der Beamten 10.000 Euro Schmerzensgeld sowie Schadenersatz. Das Frankfurter Landgericht sprach ihm daraufhin im Sommer vergangenen Jahres die Entschädigung von 3000 Euro plus Zinsen zu.
Die Beamten hätten „durch die Androhung von Schmerzen planvoll und vorsätzlich in die Menschenwürde eingegriffen“, sagte der Vorsitzende Richter Christoph Hefter in der Urteilsbegründung. Dieses höchste Verfassungsgut könne keinem Menschen abgesprochen werden, „mag es angesichts der vom Kläger begangenen Straftat auch schwerfallen.“
Das öffentliche Berufungsverfahren im Gerichtssaal hätte nun durch einen Vergleich vermieden werden können. Das OLG hatte nach Angaben des Anwalts von Magnus G., Michael Heuchemer, vorgeschlagen, dass das Land Hessen statt einer Entschädigung an den Kläger an eine gemeinnützige Stiftung eine Summe von 2000 Euro zahlen und so der Rechtsstreit beendet werden könnte. Magnus G. war laut Heuchemer einverstanden, das Land Hessen nicht. Das zuständige Innenministerium wollte sich auf Anfrage nicht zu den Gründen äußern, da es sich um ein laufendes Verfahren handele.
„Es ist für die Klägerseite schlechthin nicht nachvollziehbar, warum das Bundesland Hessen den Rechtsstreit nicht auf dieser Basis beenden wollte“, erklärte Anwalt Heuchemer. Das „stets proklamierte Ziel des Verfahrens“ sei es gewesen, „einen symbolisch wichtigen Prozess gegen die Geständniserzwingung durch Folter zu führen.“
Zudem habe Magnus G. ausdrücken wollen, „dass es ihm auf eine persönliche Bereicherung durch die Verfahren nicht ankommt.“ Am Mittwoch kann der verurteilte Mörder seine Sicht erneut im Gerichtssaal darstellen. Magnus G. wird nach Angaben seines Anwalts an dem Verfahren selbst teilnehmen.