Forschungsprojekt der Uni Bielefeld Forschungsprojekt der Uni Bielefeld: Roboter Nao soll Einwandererkindern Deutsch beibringen

Man stelle sich folgendes Szenario vor: Ein freundlicher, stets geduldiger Lehrer erkennt im Fremdsprachenunterricht nicht nur, dass seine Schüler frustriert, ratlos oder müde sind, sondern geht auch noch individuell auf sie ein und zieht jeden einzelnen mit. Unermüdlich. Dieser Lehrer müsste glatt ein Roboter sein.
Tatsächlich soll es so einen Lehrer – oder besser: menschlich anmutenden Sprachtrainer – bald geben. Allerdings nicht für Schulen, sondern für Kitas. Große Lautsprecherohren hat er und ein wenig erinnert er an das nette Michelin-Männchen – gestatten, das ist „Nao“. Und Nao hat einen wichtigen Auftrag: Er soll Einwandererkinder beim Deutschlernen unterstützen.
Roboter soll Kindern individuell helfen
Etwa ein Drittel der unter Fünfjährigen in Deutschland hat laut Statistischem Bundesamt einen Migrationshintergrund. Vor der Schule spielerisch Sprachbarrieren abbauen – dabei könnte das etwa 60 Zentimeter große Roboterkind eines französischen Herstellers künftig helfen.
Im Rahmen des dreijährigen Projekts „L2TOR“ entwickeln Forscher der Universität Bielefeld den kleinen Roboter ab 2016 gemeinsam mit Kollegen aus der Türkei, den Niederlanden und Großbritannien weiter und tüfteln an Modulen, mit denen Nao die Sprachfähigkeit und Motivation einzelner Kinder erfassen soll – um beim Unterricht in der Kita ganz individuell darauf einzugehen. Der niedliche Roboter kann nämlich nicht nur zuhören, sondern auch selbst sprechen und ein Feedback geben. Das Konzept soll sich auf jedes Sprachenpaar übertragen lassen. Deutsche Kinder könnten so zum Beispiel Englisch lernen. Gefördert wird das Projekt von der EU.
„Jedes Kind einzeln in einer Zweitsprache zu unterrichten, können Kindertagesstätten gewöhnlich nicht leisten“, sagt Professor Stefan Kopp, Experte für künstliche Intelligenz an der Bielefelder Uni. Die Roboter sollen aushelfen. Dafür setzen die Forscher auf das Modell der Eins-zu-Eins-Kommunikation. So lernen Kinder ihre Muttersprache. „Eltern stellen sich dabei auf das Kind ein und reden langsam und betont“, sagt die Bielefelder Wissenschaftlerin Kirsten Bergmann. Nao soll es ihnen gleich tun.
Kamera fängt Mimik und Gestik ein
Um mit einem Kind zu kommunizieren, muss er beide Sprachen, also die jeweilige Ziel- und Muttersprache, beherrschen. Zunächst soll der kleine Roboter mit den Kindern einfache Sätze üben. Mit einer Kamera fängt er dabei ihre Mimik und Gestik ein. Später, wenn das Kind in der neuen Sprache gut zu Recht kommt, zeigt Nao ihm auf einem Tablet kleine Bildergeschichten, die es ihm dann erzählen soll.
Bevor der Roboter in anderthalb Jahren tatsächlich in einer Kita getestet wird, beobachten die Forscher aber zunächst Lernsituationen zwischen Schülern und Lehrern. Im Frontalunterricht ließen sich aufschlussreiche Hinweise sammeln – dafür, wie effektives Lernen nicht aussieht.