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Flugzeugunglück in Brasilien Flugzeugunglück in Brasilien: Es gab keine Überlebenden

18.07.2007, 05:57
Bis zum frühen Mittwochmorgen (Ortszeit) wurden in Sao Paulo nach offiziellen Angaben 40 Leichen geborgen. (Foto: dpa)
Bis zum frühen Mittwochmorgen (Ortszeit) wurden in Sao Paulo nach offiziellen Angaben 40 Leichen geborgen. (Foto: dpa) AE/EFE

São Paulo/Brasilia/dpa. - Ein Airbus A320 der brasilianischen Fluggesellschaft TAM mit 186Menschen an Bord schoss am Dienstagabend (Ortszeit) mitten in derMillionenmetropole bei der Landung über die regennasse Landebahn desFlughafens Congonhas hinaus. Anschließend rutschte er über eineHauptstraße und raste in eine Tankstelle und ein Geschäftsgebäude.Das Flugzeug und mehrere Häuser gingen in Flammen auf.

Auf der Passagierliste standen nach Angaben der Fluggesellschaftviele deutsch klingende Namen. Die Maschine war in Porto Alegregestartet. In der Region leben viele Menschen deutscher Abstammung.Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes in Berlin sagte, dass diedeutschen Generalkonsulate in São Paulo und Porto Alegre in engemKontakt mit den örtlichen Behörden stünden. Bislang gebe es keineHinweise auf deutsche Opfer, sagte sie.

Nach Angaben des Fernsehsenders «Globo» wurden bis Mittwochmorgenmehr als 100 Leichen geborgen. In den Gebäuden am Unfallort seienmindestens drei Menschen umgekommen. Mehr als 300 Feuerwehrmännersowie dutzende Polizisten, Notärzte und Zivilschützer waren die ganzeNacht im Einsatz. Die Retter gehen nicht davon aus, dass Menschen anBord das Unglück überlebt haben. Nach dem Unglück waren Explosionenzu hören. Ein Haus stürzte ein, 27 Gebäude wurden wegenEinsturzgefahr evakuiert.

Augenzeugen sprachen von Panik unter den Anwohnern des vornehmenViertels Moema, in dem sich der Flughafen befindet. Sie habe ein«Inferno auf Erden» gesehen, sagte eine Rentnerin einembrasilianischen Reporter. Mindestens ein Mann und eine Frau rettetensich, indem sie aus dem Fenster eines brennenden Hauses mehrereStockwerke in die Tiefe sprangen. Sie kamen mit Knochenbrüchen davon.

Staatspräsident Luiz Inácio Lula da Silva ordnete eine dreitägigeStaatstrauer an und wies die Bundespolizei an, bei den Ermittlungenbesonderes Augenmerk auf die Landebahn zu legen. Die Unglücksursachewar zunächst nicht bekannt. Der Flugschreiber wurde gefunden und sollden Ermittlern weiter helfen.

Die Hauptlandebahn war erst Ende Juni modernisiert worden.Experten hatten kritisiert, dass Rillen in der Bahn fehlten. Siesollen die Gefahr von Aquaplaning verringern. Ein Richter hatte imFebruar die Landung größerer Maschinen verboten, unter anderem weildie Landebahn zu kurz sei. Das Urteil wurde später wieder aufgehoben.

Die Unglücksmaschine kollidierte, als sie über eine an denFlughafen grenzende Straße rutschte, laut Medien auch mit einigenAutos. Der Pilot habe nach der gescheiterten Landung vermutlichbeschleunigt und versucht durchzustarten, meinten Experten.

Der städtische Flughafen wurde zunächst geschlossen, einigeStunden später aber für kleinere Maschinen wieder geöffnet. DerAirport im Viertel Moema liegt in unmittelbarer Nachbarschaft vonHotels, Hochhäusern und Einkaufszentren. Er wurde in den 30er Jahrenin einem damals menschenleeren Gebiet gebaut und im Lauf der Jahrevon der wachsenden Stadt eingeschlossen.

Präsident Lula sei «tief betroffen» und verspreche eine gründlicheUntersuchung, sagte ein Regierungssprecher. Der Staatschef riefeinige seiner Minister noch in der Nacht zu einem Krisentreffen inder Hauptstadt Brasilia zusammen. Erst im September 2006 war einFlugzeug in Brasilien schwer verunglückt. Eine Maschine der AirlineGol stieß über dem Amazonas-Urwald mit einer kleineren Privatmaschinezusammen. 155 Menschen kamen ums Leben.

Erst am Montag war auf dem Flughafen Congonhas eine Maschine vonder Landbahn abgekommen. Das Flugzeug hielt auf einer Rasenflächeunweit des Absperrzauns um den Flughafen. 1996 war eine Maschine derTAM kurz nach dem Start in Congonhas abgestürzt. 90 Passagiere undsechs Besatzungsmitglieder sowie drei Menschen am Boden kamen dabeiums Leben.

Der Präsident der Fluglotsen-Gewerkschaft, Carlos Trifilio, wiesauf Probleme bei der Ausbildung von Fluglotsen und der Kontrolle desLuftraums hin. Über dem Amazonas-Regenwald gebe es ein riesiges«blindes Gebiet», in dem Flugzeuge nicht überwacht werden könnten.Mehrfach streikten in der Vergangenheit Fluglotsen des Landes fürbessere Arbeitsbedingungen. Sie werfen der Regierung Tatenlosigkeitvor. Lula wies die Kritik zurück und sagte, Brasilien habe eines dermodernsten Luftkontrollsysteme der Welt.

Die Zivilluftfahrtbehörde ANAC teilte unterdessen mit, sie habeeigene Untersuchungen zur Ermittlungen der Unfallursache aufgenommen.Sie wolle auch dafür sorgen, dass die Airline Angehörigen Beistandleisten.

Der europäische Flugzeugbauer Airbus schickt zur Aufklärung desUnglücks fünf Experten nach Brasilien. In einer Pressemitteilung vomMittwoch teilte das Unternehmen mit, dass Airbus den brasilianischenBehörden jede technische Unterstützung zukommen lassen werde.Bundespräsident Horst Köhler sprach Lula und den Brasilianern «tiefempfundene Anteilnahme» aus und schickte ein Kondolenztelegramm.Glück hatte die Fußball-Erstligamannschaft Gremio Porto Alegre:Das Team wollte ursprünglich in die Unglücksmaschine steigen, wie derVater des Torhüters Sebastian Saja in Interviews erklärte. In letzterSekunde sei eine andere Verbindung bevorzugt worden.

Feuerwehrleute sind am Unglücksort in Sao Paulo, wo der Airbus A 320 in eine Tankstelle und ein Geschäftsgebäude gerast war, mit Löscharbeiten beschäftigt. (Foto: dpa)
Feuerwehrleute sind am Unglücksort in Sao Paulo, wo der Airbus A 320 in eine Tankstelle und ein Geschäftsgebäude gerast war, mit Löscharbeiten beschäftigt. (Foto: dpa)
EFE
Bei dem vermutlich schwersten Flugzeugunglück in der Geschichte Brasiliens sind in S‹o Paulo nach Schätzungen der Feuerwehr mindestens 200 Menschen ums Leben gekommen. Ein voll besetzter Airbus A320 schoss mitten in der Millionenmetropole bei der Landung über die regennasse Landebahn des Flughafens Congonhas hinaus. (Grafik: dpa)
Bei dem vermutlich schwersten Flugzeugunglück in der Geschichte Brasiliens sind in S‹o Paulo nach Schätzungen der Feuerwehr mindestens 200 Menschen ums Leben gekommen. Ein voll besetzter Airbus A320 schoss mitten in der Millionenmetropole bei der Landung über die regennasse Landebahn des Flughafens Congonhas hinaus. (Grafik: dpa)
dpa