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17 Tote an US-Schule Florida: Massaker am Valentinstag

Von Karl Doemens 15.02.2018, 15:34
Schüler wurden kontrolliert aus dem Schulgebäude gelassen.
Schüler wurden kontrolliert aus dem Schulgebäude gelassen. Sun Sentinel via ZUMA Wire

Washington - Melissa Falkowski mühte sich spürbar, die Fassung zu wahren, als sie dem Fernsehsender MSNBC die schrecklichen Ereignisse schilderte. Am Mittwoch um 14.30 Uhr war in der Marjory Stoneman Douglas High School der Feueralarm losgegangen. Erst glaubte die Lehrerin an einen Probealarm und leitete ihre Schüler über die Nottreppe in Richtung Ausgang. Doch eilig wurde sie von Sicherheitsleuten in den Klassenraum zurückgeschickt, wo sie sich bange 30 Minuten lang mit den Jugendlichen in einem Wandschrank verschanzte.

Draußen auf dem Flur nahm derweil das Gemetzel seinen Lauf. Als Falkowski mit ihrer Klasse endlich das Versteck verließ, sah sie die Leichen. „Wir wussten, was in einer solchen Situation zu tun ist“, kämpfte die Lehrerin im Fernsehen mit den Tränen. „Wir haben das mit den Schülern alles geübt. Und trotzdem sind 17 Menschen tot. Ich finde das total unakzeptabel. Es ist Zeit, dass der Kongress und die Regierung etwas tun.“

Einst sicherster Ort Floridas

Etwas muss passieren. Darin ist sich die geschockte amerikanische Öffentlichkeit einig, nachdem ein 19-Jähriger am Valentinstag, dem Fest der Liebe, nur 40 Meilen von Donald Trumps Luxusanwesen Mar-a-Lago entfernt in Florida ein blutiges Massaker angerichtet hat. Das Örtchen Parkland, berichtet die Bürgermeisterin, sei erst im vergangenen Jahr zur „sichersten Gemeinde in Florida“ gewählt worden. Nun rangiert die örtliche High School, ein riesiger dreigeschossiger Zweckbau mit Platz für 3000 Schülern, in einer Horror-Liste mit den Schulen von Columbine (1999) und Sandy Hook (2012), wo ebenfalls zahlreiche Schüler und Lehrer ihr Leben verloren. Das Gemetzel in Parkland zählt mit dem Massaker von Las Vegas im vergangenen Oktober, bei dem 58 Menschen ihr Leben verloren und dem Blutbad in der Kirche von Sutherland Springs vom November mit 26 Opfern zu den zehn tödlichsten Massenschießereien in der US-Geschichte.

Doch bereits die ersten Reaktionen machen deutlich, wie unterschiedlich das grausame Ereignis gewertet wird. Während demokratische Politiker in Washington nach schärferen Waffengesetzen riefen, kamen von Republikanern vor allem Beileidsbekundungen und Klagen über das Böse in der Welt, dem man entgegentreten müsse. Präsident Donald Trump trat am Abend der Tat nicht vor die Kameras, sondern beschränkte sich auf zwei Tweets. Darin erklärte er, dass er mit Gouverneur Rick Scott im engen Kontakt stehe und bot den Angehörigen der Opfer seine Gebete an: „Kein Kind und kein Lehrer sollte sich in einer amerikanischen Schule unsicher fühlen.“

Verstörende Bilder

Trotz aller Sicherheitsvorkehrungen galt das in Parkland allerdings nicht. Der Todesschütze soll – mit einem halbautomatischen Sturmgewehr vom Typ AR-15, einer Gasmaske und Rauchgranaten bewaffnet – zunächst drei Menschen außerhalb des Schulgebäudes erschossen haben. Dann löste er den Feueralarm aus. Offenbar wollte er damit seine Opfer aus den Klassenräumen locken. In die allgemeine Panik feuerte er 40 Schuss ab. Zwölf Menschen starben. Zwei weitere erlagen bisher im Krankenhaus ihren Verletzungen.

Nicht nur die Videoaufnahmen, die Schüler mit ihren Handys von dem Geschehen machten, sind zutiefst verstörend. In höchstem Maße erschreckend sind auch die Details aus dem Leben des von der Polizei gefassten mutmaßlichen Täters. So galt der 19-Jährige als Einzelgänger und unberechenbarer Waffennarr. In den sozialen Medien postete er Fotos von seinem Waffenarsenal. Nachdem er aus disziplinarischen Gründen bereits von zwei Privatschulen geflogen war, wurde er im vergangen Jahr auch von der Marjory Stoneman Douglas verwiesen – angeblich, weil er mit Messern auf dem Campus herumlief. Zu dieser Zeit lebte der Jugendliche noch bei seiner Adoptivmutter, die mehrfach die Polizei rief, um ihren Sohn zu bändigen. Nach dem Tod dieser Adoptivmutter lebte der mutmaßliche Massenmörder bei Freunden, die von seinem halbautomatischen Gewehr wussten. Die AR-15 hatte er nach Angaben der Behörden vor einem Jahr legal erworben. Florida gehört zu den Bundesstaaten mit besonders laxen Waffengesetzen.

Trump twitterte am Donnerstag, es habe viele Anzeichen gegeben, dass der Täter geistig krank gewesen sei: „Solche Beobachtungen müssen den Behörden unbedingt gemeldet werden!“, forderte er die Bevölkerung auf. Allerdings hatte der Präsident auf Wunsch der einflussreichen und finanzstarken Waffenlobby als eine seiner ersten Amtshandlungen den unter seinem Vorgänger Barack Obama eingeführten Rückgriff auf die Krankenversicherungsunterlagen bei der obligatorischen Sicherheitsüberprüfung vor einem Waffenkauf abgeschafft. Entsprechend frustriert äußerte sich auch der demokratische Kongressabgeordnete Jim Himes nach dem Parkland-Massaker: „Alle werden ihr Gedenken und ihre Gebete anbieten. Aber der Kongress wird absolut nichts tun.“