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Feste und Bräuche Feste und Bräuche: Ostern zwischen Andacht und Trubel

Von Marc Strehler 23.03.2005, 12:57
Osterreiter verkünden zu Pferde im ostsächsischen Ralbitz die Nachricht von der Auferstehung Christi. (Foto: dpa)
Osterreiter verkünden zu Pferde im ostsächsischen Ralbitz die Nachricht von der Auferstehung Christi. (Foto: dpa) dpa-Zentralbild

Bautzen/dpa. - In der Oberlausitz liegen am OstersonntagAndacht und Trubel eng beieinander: Während in der sorbisch geprägtenRegion um Bautzen die traditionellen Prozessionen der Osterreiter fürAndacht und Besinnung stehen, geht es am Protschenberg in Bautzen zurgleichen Zeit etwas wilder und lauter zu. Beim Eierschiebenwetteifern dort Kinder und Jugendliche um kleine Geschenke. Gemeinsamist beiden Bräuchen, dass sie eine lange Geschichte haben und Jahrfür Jahr mehrere tausend Schaulustige anlocken.

Für Hubert Kahle wird es in diesem Jahr das 29. Mal sein, dass eran einem Osterreiten teilnimmt. Dabei ist Kahle gerade einmal 45Jahre alt. Er ist Kantor und damit Organisator der Prozession, dievon der Gemeinde Radibor in die benachbarte Kirchengemeinde Storchaführt. 120 Osterreiter werden sich hier in diesem Jahr festlichgekleidet auf gestriegelten und geschmückten Pferde auf den Wegmachen, um von der Auferstehung Christi zu künden. Fast ein Dutzendsolcher Prozessionen gibt es in der Oberlausitz.

Die meisten der Reiter sind katholische Sorben. Im «Zeichen derÖkumene» sind aber auch evangelische Gläubige dabei und auch deutscheReiter machen sich auf den Weg. «Beim Osterreiten geht es um dasGlaubensbekenntnis», sagt Kahle. Singend und betend ziehen dieberittenen Männer von Ort zu Nachbarort und wieder zurück. Zuschauersind willkommen, werden aber gebeten, sich angemessen ruhig zuverhalten.

Die Organisation des kommenden Osterreitens beginnt unmittelbarnach Abschluss des diesjährigen Osterreitens, erzählt Kahle. DieMehrzahl der Pferde würden aus einem Umkreis von bis zu 100Kilometern in die Region zum Osterreiten geholt. Entsprechend frühmuss geplant werden, damit die Pferde auch wirklich zur Verfügungstehen. «Etwa ein Drittel ist dagegen aus hiesigen Beständen», sagtKahle. Mehr gibt die Region nicht her.

Das Osterreiten gibt es seit Jahrhunderten, es überstand auchKrisenzeiten. In der DDR mussten die Reiter notgedrungen sogarstämmige Haflinger unter den Sattel nehmen, weil die meisten Pferdein der Produktion zwangskollektiviert wurden, erinnert sich Kahle.

Auch die Wurzeln des Eierschiebens in Bautzen reichen weit zurück- wenn auch nicht ganz klar ist, wie weit. Im April 2001 ließ derBautzener Tourismusverein den Brauch nach 37 Jahren Pause wiederaufleben. Wurden früher Eier, Nüsse und süße Leckereien den Hanghinuntergerollt, um in den Händen wartender Kinder zu landen, sind esheute Plastikbälle, die von den Fängern in kleine Geschenkeumgetauscht werden können. Zum eigentlichen Eierschieben gibt es einKulturprogramm und einen Markt mit Handwerker-Ständen.

Und der Wandel geht weiter: In diesem Jahr gibt es lautOrganisatorin Maria Löcken-Hierl erstmals einen eigenen Hang fürKleinkinder. So soll verhindert werden, dass sich auf demeigentlichen Hang Väter tummeln, die für ihre Sprösslinge dengrößeren Kindern die Bälle wegfischen. 15 000 Menschen lockte dasSpektakel im Vorjahr an. Mit einer ähnlichen Zahl wird dieses Jahrgerechnet. «Wenn das Wetter mitspielt», sagt Löcken-Hierl.