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Evolution Evolution: Der Zwergmensch von Liang Bua

27.10.2004, 18:34
Forscher mit dem Zwergenkopf (Foto: dpa)
Forscher mit dem Zwergenkopf (Foto: dpa) PA

London/dpa. - In einer Höhle auf der indonesischen Insel Floreshaben Forscher Überreste einer bislang unbekannten Zwergmenschenartmit einem nur pampelmusengroßen Kopf ausgegraben. Der auf den NamenHomo floresiensis getaufte Vertreter der neuen Art war mit nur einemMeter Körperhöhe erstaunlich klein, berichten die Wissenschaftler imFachblatt «Nature» (Bd. 431, S. 1055 und 1087) von diesem Donnerstag.Die Entdeckung einer neuen Menschenart, die noch bis vor etwa 18 000Jahren existierte, lasse vermuten, dass die Gattung Homo nach derAuswanderung aus Afrika eine größere Vielfalt aufwies als bislangangenommen.

Die Forscher um Peter Brown und Mike Moorwood von der Universitätvon New England in Armidale (Australien) stießen bereits im September2003 während Grabungsarbeiten in der Liang-Bua-Höhle auf das Skelettder erwachsenen Frau. Die schmale Statur und der kleine Schädelerinnern an eine afrikanische Gattung der Menschenartigen(Hominiden), die frühen Australopithecinen. Schädel- undKieferknochen stellten allerdings eine ungewöhnliche Mischung ausprimitiven, moderneren und einzigartigen Merkmalen dar. InsbesondereEigenschaften des Gesichts und der Zähne kennzeichneten das Skelettals zur Gattung Homo gehörend.

Die Wissenschaftler vermuten, dass es sich beim Homo floresiensisum einen Abkömmling des Homo erectus handelt, aus dem sichwahrscheinlich auch der moderne Homo sapiens entwickelt hat. Der Homoerectus verbreitete sich, beginnend vor etwa zwei Millionen Jahren,aus Afrika bis nach Asien und Europa. Der Theorie der Forscherzufolge entwickelten sich auf der Insel Flores einige Vertreter desHomo erectus - isoliert von ihren Artgenossen ­ zu der nun entdeckteneigenständigen Art weiter.

Die ungewöhnlich kleine Körperhöhe, die den Homo floresiensisdeutlich vom Homo erectus unterscheidet, erklären die Wissenschaftlermit einer nachträglichen Schrumpfung als Anpassung an die neueUmgebung. Ein eingeschränktes Nahrungsangebot könne etwa dazu führen,dass kleinere Vertreter mit niedrigerem Kalorienbedarf von derEvolution bevorzugt werden. Solche Vorgänge seien aus dem Tierreichbekannt. Tatsächlich fanden die Forscher an der gleichen FundstelleÜberreste primitiver Elefanten ­ ebenfalls geschrumpft. DieseStegodon waren die einzigen großen Landsäugetiere, die während desPleistozäns mit Homo floresiensis auf der Insel lebten.

Auch der Homo sapiens hatte in dieser Zeit bereits den asiatischenRaum erobert. Die beiden Menschenarten lebten also eine ganze Zeitnebeneinander. Ob sie miteinander interagierten, ist allerdingsunklar. Neben den Überresten der Elefanten fanden die Wissenschaftlerauch Steinwerkzeuge. Sie lassen darauf schließen, dass die frühenMenschen ­ Homo sapiens oder Homo floresiensis ­ die Tiere gejagthaben.

Der Fund bestätige die Annahme, dass die Gattung Homo in viel mehrVertreter aufgespalten gewesen sei und der Stammbaum des Menscheneher einem Busch gleiche, schreiben Marta Mirazón und Robert Foleyvon der Universität Cambridge (Großbritannien) in einem begleitendenKommentar. Auch die Forscher um Brown und Moorwood rechnen damit,dass noch weitere Menscharten entdeckt werden.