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Prozessauftakt in Berlin Ernst-Reuter-Platz in Berlin: U-Bahn-Schubser von Amanda K. steht wegen Mordes vor Gericht

Von Katrin Bischoff 15.09.2016, 05:30
Trauer um Amanda am U-Bahnhof Ernst-Reuter-Platz.
Trauer um Amanda am U-Bahnhof Ernst-Reuter-Platz. getty/Sean Gallup Lizenz

Berlin - Dieses Verbrechen schockierte Berlin: Anfang des Jahres wurde Amanda K. am U-Bahnhof Ernst-Reuter-Platz von einem ihr völlig fremden Mann vor einen einfahrenden Zug der Linie U 2 gestoßen. Die 20-jährige Frau wurde überrollt, sie war sofort tot. Als mutmaßlicher Täter wurde Hamin E. festgenommen. Der 28-Jährige war erst tags zuvor aus der Psychiatrie in Hamburg entlassen worden.

Nun beginnt in Berlin der Prozess gegen den offenbar psychisch kranken Mann. Ab dem 15. September muss sich Hamin E. vor einer Schwurgerichtskammer des Landgerichts verantworten, der Prozess begonnt um 13 Uhr. „Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten Mord aus Heimtücke vor“, sagte Gerichtssprecherin Lisa Jani am Montag der Berliner Zeitung.

Am 19. Januar dieses Jahres war Amanda K. auf dem Heimweg. Sie hatte eine Freundin besucht und wollte am Ernst-Reuter-Platz in Charlottenburg in die U-Bahn der Linie 2 in Richtung Pankow steigen. Sie war allein unterwegs und hantierte auf dem Bahnsteig mit ihrem Handy. So schickte die junge Frau offenbar kurz vor der Tat ihrer Mutter eine SMS. „Bin gleich zu Hause. Ich liebe dich“, soll Amanda K. geschrieben haben.

Gerade aus Psychiatrie entlassen

Es war gegen 23.35 Uhr. Als die Bahn kam, trat Hamin E. laut Anklage unvermittelt von hinten an die arglos wartende Studentin heran und stieß sie auf das Gleis. Die Zugführerin, die in dem Verfahren als Zeugin aussagen wird, konnte nicht mehr bremsen. Amanda K. hatte keine Chance. Es gibt mehrere Videoaufzeichnungen, auf denen die Tat zu sehen ist. Hamin E. wurde noch auf dem Bahnsteig festgenommen. Zeugen hatten ihn festgehalten. Hamin E. kam in die Psychiatrie, dort hält er sich noch immer auf.

Der in Hamburg aufgewachsene gebürtige Iraner ist offenbar mehrfach vorbestraft, er saß von 2002 bis 2004 auch in Haft. Wegen seiner psychischen Erkrankung kümmert sich seit neun Jahren ein vom Amtsgericht bestellter Betreuer um ihn. Das geht aus verschiedenen Antworten des Hamburger Justizsenators auf parlamentarisch Anfragen hervor.

Hamin E. war zudem mehrfach stationär in der Psychiatrie untergebracht, er soll an Schizophrenie leiden. Seit dem Jahr 2007 wurden elf psychiatrische Sachverständigengutachten erstellt, auch das ließ der Hamburger Justizsenator nach der Tat in Berlin wissen. Zuletzt begab sich der wohnungslose Hamin E. am 1. Januar dieses Jahres in Hamburg in stationäre Behandlung. Dort wurde er am 18. Januar entlassen – wegen „fehlender akuter Eigen- und Fremdgefährdung“.

Vater von Amanda ist Nebenkläger

Am Tattag soll Hamin E. mit einem ICE von Hamburg nach Berlin gereist und beim Schwarzfahren erwischt worden sein. Er meldete sich in einer Obdachlosenunterkunft in der Franklinstraße, dort waren jedoch alle Plätze belegt. Daraufhin wurde Hamin E. zu einer Obdachlosen-Einrichtung am Bahnhof Zoologischer Garten geschickt. Kurz darauf soll er die junge Frau vor die U-Bahn gestoßen haben.

Für den Prozess sind bisher fünf Verhandlungstage terminiert. Am 18. Oktober könnte bereits ein Urteil gesprochen werden. Die Staatsanwaltschaft strebt die Unterbringung des Angeklagten in der Psychiatrie an. Der Vater von Amanda K. wird in dem Prozess dem mutmaßlichen Mörder seiner Tochter gegenübersitzen – als Nebenkläger.

Rosen auf dem Bahnsteig erinnern kurz nach der Tat an Amanda K.
Rosen auf dem Bahnsteig erinnern kurz nach der Tat an Amanda K.
dpa/Paul Zinken