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Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen Polizisten: Kollegin betäubt?

Eine Polizistin soll mit K.o.-Tropfen betäubt und auf einer Plattform zur Vergewaltigung angeboten worden sein. Im Verdacht steht ausgerechnet ein Kollege.

Von Marion van der Kraats, dpa 13.06.2023, 12:11
Die Aufschrift "Polizei" und das Wappen der Berliner Polizei auf der Uniform eines Polizeibeamten.
Die Aufschrift "Polizei" und das Wappen der Berliner Polizei auf der Uniform eines Polizeibeamten. Monika Skolimowska/dpa/Symbolbild

Berlin - Ein Berliner Polizist steht im Verdacht, eine Kollegin mit K.o.-Tropfen betäubt und dann auf einer Dating-Plattform zur Vergewaltigung angeboten zu haben. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft ist der Beamte nicht mehr im Dienst. Gegen den 36-Jährigen werde wegen Vergewaltigung widerstandsunfähiger Personen ermittelt, sagte eine Sprecherin der Berliner Staatsanwaltschaft am Dienstag. Disziplinarrechtliche Schritte gegen den Beamten seien bereits eingeleitet worden, hieß es ergänzend von einer Polizeisprecherin. Zuerst hatte die „Bild“-Zeitung berichtet.

Der Vorfall soll sich demnach am 11. März 2023 in der Wohnung des Polizisten abgespielt haben. Laut Staatsanwaltschaft hatte sich ein Zeuge bei der Polizei gemeldet, nachdem er das Bild der offensichtlich bewusstlosen Frau auf der Plattform entdeckt hatte. Polizisten stürmten daraufhin die Wohnung des 36-Jährigen. Dort hätten die Beamten die Kollegin gefunden. Es seien zwei Tütchen, die vermutlich Drogen enthielten, gefunden worden.

Datenträger seien sichergestellt worden und würden derzeit noch ausgewertet, hieß es von der Staatsanwaltschaft. Das 35 Jahre alte Opfer und der Zeuge seien bereits vernommen worden, erklärte die Behördensprecherin. Der Polizist habe sich bislang nicht geäußert, so die Sprecherin. Er sei nicht in Untersuchungshaft.

Der 36-Jährige war laut „Bild“ und „Tagesspiegel“ beim Mobilen Einsatzkommando (MEK) tätig. Diese Spezialeinheit kommt beispielsweise bei Entführungen, Erpressungen oder Organisierter Kriminalität zum Einsatz.

Als K.o.-Tropfen werden verschiedene Arten von Drogen bezeichnet, etwa Ketamin, ein Narkosemittel aus der Tiermedizin, und GHB (Gammahydroxybuttersäure), umgangssprachlich Liquid Ecstasy genannt. In Clubs werden die Mittel in niedrigeren Dosierungen auch freiwillig als Partydrogen genommen. Täter schütten die Substanzen ihren Opfern heimlich in Getränke, um sie zu betäuben oder wehrlos zu machen. Tatorte sind etwa Kneipen, Bars und Clubs.

Die Berliner Grünen-Abgeordnete Gollaleh Ahmadi zeigte sich entsetzt über die Vorwürfe. „Meine Anteilnahme gilt der Betroffenen, die jegliche Unterstützung bekommen muss, die sie wünscht und benötigt“, betonte die Sprecherin für Sicherheitspolitik. Zudem müsse das Arbeitsumfeld der Polizei genauestens unter die Lupe genommen werden. „Vorfälle wie dieser zerstören das Vertrauen in die staatlichen Sicherheitskräfte und richten dadurch erheblichen Schaden an unserer Demokratie an“, so Ahmadi.

Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sieht dieses Problem und forderte eine möglichst transparente Information über den Fall. Es handele sich um sehr schwerwiegende Vorwürfe. „Natürlich gilt die Unschuldsvermutung. Aber sollten die Ermittlungen die Vorwürfe bestätigen, reden wir über Straftaten, die eine hohe kriminelle Energie zeigen. Das so jemand nicht in die Polizei gehört, ist selbsterklärend“, sagte GdP-Sprecher Benjamin Jendro. „Wir erwarten, dass die betroffene Kollegin geschützt wird und jegliche Hilfe bekommt, die ihr zumindest im Ansatz die Chance gibt, das Erlebte bestmöglich verarbeiten zu können“, so Jendro weiter.

Für die Berliner Polizei ist es nicht das erste Mal in diesem Jahr, dass sie in den eigenen Reihen ermittelt. Im Februar sind Fahnder mit einer großangelegten Razzia gegen zwei Polizisten vorgegangen, denen Bestechung und Bestechlichkeit vorgeworfen wird. Nach früheren Angaben der Staatsanwaltschaft wird auch wegen Strafvereitelung im Amt, Rechtsbeugung in mittelbarer Täterschaft, Steuerhinterziehung und Geldwäsche ermittelt.

Laut Behörden richteten sich die Ermittlungen gegen einen Polizeikommissar und einen Polizeiobermeister sowie gegen sechs Ladenbesitzer. Die Polizisten sollen in ihrem Dienstbereich Datenabfragen im Polizeisystem durchgeführt und die Gewerbetreibenden vor anstehenden Kontrollen gewarnt haben.

Die Beamten arbeiteten den Angaben zufolge für die Direktion 5, die für die Bezirke Friedrichshain-Kreuzberg, den nördlichen Teil des Bezirks Neukölln und den Ortsteil Mitte des gleichnamigen Bezirks zuständig ist. Nur wenige Tage vor den Durchsuchungen hatten Polizei und Staatsanwaltschaft von Ermittlungen gegen insgesamt vier weitere Polizistinnen und Polizisten der Direktion berichtet.

Wegen diverser Vorwürfe wurden 2022 bei der Berliner Polizei mit rund 27.000 Beschäftigten insgesamt 253 Disziplinarverfahren eingeleitet, wie ein Sprecher mitteilte. In 60 Fällen ging es dabei um Straftaten außerhalb des Dienstes, 6 Mal sei es dabei um Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung gegangen. Weitere Delikte waren etwa Körperverletzung (5), Beleidigung (4) sowie Drogen- oder Arzneimittelmissbrauch (4).