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Erfurt Erfurt: Zwei tote Babys im Kühlschrank

14.04.2007, 13:00
Polizeibeamte stehen am Samstag vor einem Haus in Erfurt, in dem die Polizei in der Nacht zwei Babyleichen in einer Kühltruhe gefunden hat. (Foto: dpa)
Polizeibeamte stehen am Samstag vor einem Haus in Erfurt, in dem die Polizei in der Nacht zwei Babyleichen in einer Kühltruhe gefunden hat. (Foto: dpa) dpa-Zentralbild

Erfurt/dpa. - Nach Angaben derStaatsanwaltschaft handelt es sich um ein Mädchen und einen Jungen, die Ende 2002 und Anfang 2004 zur Welt kamen. Die 35 Jahre alte Mutter wurde vorläufig festgenommen. Sie sei geständig, wolle aber den Namen des Vaters nicht preisgeben. Als Motiv habe die Frau angegeben, dass die Kinder nicht in ihre berufliche Lebensplanung passten. Ihr 15-jähriger Sohn hatte die Leichen entdeckt, als er mit einem Freund etwas kochen wollte. Erst im Januar waren in einemVorort von Erfurt drei tote Säuglinge gefunden worden.

Das erste Kind sei in Klettbach, einem Vorort von Erfurt, auf dieWelt gekommen, sagte der Leiter der Kriminalpolizei, Herbert Bauer,am Sonntag. Kurz darauf sei die Frau mit dem toten Säugling nachErfurt umgezogen und habe ihn dort erneut im Tiefkühlschrankaufbewahrt. Das zweite Kind kam in der Dachwohnung dergutbürgerlichen Siedlung im Erfurter Süden auf die Welt. Der Jungehat nach dem Ergebnis der Obduktion mindestens 30 Minuten langgelebt. Auch seinen Leichnam habe die Frau in einen schwarzenMüllbeutel gesteckt und in das unterste Fach des Gefrierschranksgelegt. Ob das Mädchen nach der Geburt noch gelebt hat, stehe nochnicht fest.

Der 35-Jährigen sei es gelungen, die Schwangerschaften durchbesondere Kleidung geheim zu halten, sagte Bauer. Sie habe dieSäuglinge nach eigenen Angaben in einer Babyklappe ablegen wollen.Dies sei jedoch nicht gelungen. Nähere Angaben dazu wollte diePolizei nicht machen. Die Babys will sie ohne fremde Hilfe entbundenhaben.

Die Frau sei «von ihrem Bildungsstand nicht auffällig», sagteKriminalhauptkommissar Klaus Kolbe. Sie verfüge über einenRealschulabschluss, sei in der Textilbrache ausgebildet und mehrfachumgeschult worden. Sie habe zuletzt in verschiedenen Berufengearbeitet, unter anderem in der Werbebranche, und sei zurzeitarbeitslos.

Die Todesursache der Neugeborenen sei wegen der erschwertenUntersuchungsbedingungen durch die Vereisung noch nicht eindeutigfestzustellen, sagte Staatsanwalt Michael Heß. Unklar sei auch, obdie Kinder von einem oder verschiedenen Vätern stammten. Ein 40 Jahrealter Mann, in dessen Wohnung sich die Mutter in der Nacht zumSamstag aufhielt, komme nach den bisherigen Erkenntnissen nicht inBetracht, da er erst wenige Monate mit der Frau zusammenlebe. Er seivorläufig festgenommen und inzwischen wieder auf freien Fuß gesetztworden.

Der 15 Jahre alte Sohn befindet sich nach Angaben des ErfurterJugendamts in therapeutischer Behandlung. Als er einen der Säckegeöffnet habe, sei er mit seinem Freund in Panik aus dem Hausgelaufen und durch die Stadt geirrt, sagte Bauer. Bei der Rückkehrhätten sie einen weiteren Freund vor dem Haus getroffen, der dann diePolizei alarmierte.

Thüringens Justizminister Harald Schliemann (CDU) reagierte mitTrauer und Erschütterung auf den Fund der Babyleichen. «SolcheMeldungen sind unfassbar, und jede dieser Meldungen ist definitiveine zu viel.» Es werde alles dafür getan, den Fall aufzuklären.Allerdings würden auch danach Fragen bleiben. «Wir müssen unsinnerhalb der Gesellschaft noch stärker damit auseinander setzen,warum Kinder unbemerkt von Familien und Nachbarn sterben können.»

Erst im Januar waren in Thörey bei Erfurt drei tote Babys aufeinem Grundstück entdeckt worden. DNA-Tests hatten ergeben, dassjedes Kind von einem anderen Freund der 21 Jahre alten Mutter gezeugtwurde. Die Mutter steht unter dem Verdacht des Totschlags. Ein Jahrzuvor, im Januar 2006, fand die Polizei zwei einbetonierteBabyleichen in Altenburg in Thüringen.

dpa sew yyth z2 ba

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