Leben in Scherben Ehepaar aus Hamburg wollte nach Thailand - jetzt sind sie obdachlos

Hamburg - Jürgen Unruh (76) und seine 71-jährige Frau Sunan träumten von einem Lebensabend im Paradies. Doch der große Traum wurde zum Albtraum... Im November 2016 wanderte das Paar nach Thailand aus. Inzwischen lebt das Rentner-Ehepaar wieder in Hamburg – verzweifelt und obdachlos. Über die dramatische Geschichte berichtete die „Hamburger Morgenpost”.
Auswandern nach Thailand gescheitert: Hilfe von Bekannten
Zurzeit führen Jürgen Unruh und seine Frau ein Leben als Pendler: Mal schlafen sie ein paar Tage bei diesem Bekannten, dann wieder verbringen sie ein paar Nächte bei einem anderen Bekannten. Hätten sie nicht so viele hilfsbereite Freunde, dann sähe es schlimm aus für sie. Dann müssten sie ins Obdachlosenasyl. Oder unter einer Brücke schlafen. Und das in ihrem Alter!
Wenn Jürgen Unruh von dem vielen Pech in seinem Leben erzählt, dann stehen ihm Tränen in den Augen. Krebs habe er gehabt, gehbehindert sei er, mehrere Schlaganfälle habe er erlitten. Nach all dem jetzt auch noch vor den Trümmern seiner Existenz zu stehen – das sei zu viel. Er könne nicht mehr.
Das ist schiefgelaufen beim Auswandern nach Thailand
Thailand. Seit Jürgen Unruh vor 16 Jahren eine in Hamburg lebende Thailänderin heiratete, ist dieses südostasiatische Land so etwas wie seine zweite Heimat. „Ich habe mich da immer viel besser und gesünder gefühlt“, sagt er.
Auch mit dem Sohn seiner Frau, Nang Salagut, einem thailandischen Justizvollzugsbeamten, habe er sich wunderbar verstanden. „Das war fast so, als wäre er mein leiblicher Sohn.“
Während des Urlaubs 2016 machte dieser Sohn seiner Mutter und seinem Stiefvater ein Angebot: „Wie wäre es“, fragte er, „wenn ihr ganz nach Thailand kommt?“ Er bot an, die Pflege zu übernehmen, sobald die beiden gebrechlich würden. Jürgen und Sunan Unruh zögerten zunächst. Aber als ihnen auch Jürgens Kinder aus erster Ehe Zuspruch gaben, fiel der Entschluss: „Wir wandern aus!“
„Wir haben die Möbel verkauft und die Wohnung gekündigt“, sagt Jürgen Unruh. „Als wir uns am 23. November vergangenen Jahres ins Flugzeug nach Bangkok setzten, bestand unser ganzer Besitz noch aus zwei Koffern.“
Nach der Ankunft in Thailand die schlimme Nachricht: Stiefsohn verstarb plötzlich
Kurz vor dem Abflug habe er mit seinem Stiefsohn telefoniert, erzählt Jürgen Unruh. „Er hat sich sehr gefreut, dass wir kommen.“ Entsprechend groß der Schock bei der Ankunft in Bangkok: „Da erhielten wir die Nachricht, dass mein Stiefsohn aus heiterem Himmel einen Herzinfarkt erlitten habe und gestorben sei.“
Tränen stehen Jürgen Unruh im Gesicht, wenn er davon erzählt. In den darauffolgenden Wochen kümmerte sich das Ehepaar um die aufwendige buddhistische Beerdigung des Toten. Sämtliche Ersparnisse gingen dabei drauf.
Zukunft in Thailand dahin
Als dann auch noch die Schwiegertochter signalisierte, dass sie mit der Erziehung der Kinder sehr beschäftigt sei und sich nicht auch noch um die beiden „Alten“ kümmern könne, da wurde dem Ehepaar langsam klar, dass es in Thailand keine Zukunft für sie gibt.
Bei Freunden borgten sie sich Geld für Flugtickets und kehrten nach Hamburg zurück. Doch der Wiederanfang hier gestaltet sich schwieriger als erwartet: Wochen hat es gedauert, bis die Formalitäten mit der Krankenkasse erledigt waren.
Paar findet nach der Rückkehr aus Thailand keine Wohnung
„Das bedeutete, dass ich trotz meiner Erkrankungen nicht zum Arzt konnte“, so Jürgen Unruh. Noch schlimmer: die Wohnungssuche. „Einen Dringlichkeitsschein haben wir bekommen – aber eine Wohnung finden wir nicht.“
Bei dem alten Vermiete, sei derzeit nichts frei. Und auch die Behörden konnten nicht helfen: „Mehr als Plätze im Obdachlosenasyl hatten die Sachbearbeiter nicht für uns.“ Und so geht das Pendeln von einem Freund zum nächsten wohl noch eine Weile weiter.
„Hoffen, dass sich jemand erbarmt”
Den beiden Töchtern von Jürgen Unruh tut es in der Seele weh, ihre Eltern so leiden zu sehen. Beide haben Kinder und wohnen selbst beengt. „Wir würden sie gern aufnehmen, können es aber nicht“, sagt Martina Unruh traurig. „Deshalb hoffen wir so sehr, dass sich jemand findet, der sich meiner Eltern erbarmt und ihnen ein neues Zuhause gibt.“