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Duisburg Duisburg: Internetgemeinde in tiefer Trauer nach Loveparade

Von Nina Jerzy 25.07.2010, 08:12

Berlin/ddp. - NebenBeileidsbekundungen an Angehörige der Opfer nutzten auch vieleMenschen Twitter, um verzweifelte Vermisstenmeldungen zu verbreitenund so Gewissheit über das Schicksal von Töchtern, Söhnen oderFreunden zu erlangen.

In das Mitgefühl für die Betroffenen mischte sich bei Vielen auchZorn auf die Veranstalter des Großereignisses. «Angeblich allesdurchgespielt, aber nicht daran gedacht, dass Leute irgendwohochklettern könnten», kritisierte eine Nutzerin. «Ich kann nichtnachvollziehen, warum noch cirka 70 000 feiern», schrieb eine Anderekurz vor Mitternacht.

Auch im Internet-Gästebuch der WDR-Jugendwelle 1Live machten Hörerihrem Ärger Luft. «Dieser Tunnel konnte für alle ersichtlich nichtfunktionieren! Schon gar nicht in beide Richtungen gleichzeitig!!!!»,hieß es dort. «In jeder Dorfdisco sind Ein- und Ausgang voneinandergetrennt.» Ähnlich sah es ein anderer Hörer, der deshalb neben denVeranstaltern auch Stadt und Polizei in der Verantwortung sah. «Ichhabe jahrelang im Rettungsdienst gearbeitet und es ist noch nie zueiner solchen Panik gekommen. Selbst bei Rock am Ring, wo zwarweniger Menschen sind, reicht ein Eingang nicht aus», schrieb der26-Jährige.

Das Unglück löste in der Internetgemeinschaft auch hitzigeDiskussionen über die Grenzen der journalistischen Berichterstattungaus. Hauptziel der Kritik war die «Bild»-Zeitung. Sie hatte amSamstag auf ihrer Internetseite Fotos von nur notdürftig mit Tüchernzugedeckten Leichen veröffentlicht - eines davon mit derBildunterschrift «Ein Foto das Gänsehaut vermittelt - zwei Tote amHaupteingang». «Duisburg: Herzlich willkommen zurBILD-Loveparade-Leichenschau!», twitterte ein erboster Nutzer. «DerSensationsjournalismus der Bild erzeugt bei mir Würgereiz», schriebein Anderer.

Zahlreiche Mikroblogger riefen zum Boykott der Zeitung auf undveröffentlichten den Link zum Beschwerdeformular des DeutschenPresserats. Einige Gegenstimmen gab es aber auch: «Erkenne da keineToten. Echauffiert euch mal lieber über die Politiker die euch insGesicht lügen», schrieb eine Nutzerin. Andere lenkten dieAufmerksamkeit auf die Helfer. «Was leider immer ein wenig untergeht:die großartige Arbeit der Rettungskräfte. Ziehe meinen Hut», hieß esin einer Twitter-Nachricht.

Auch die Stars der Loveparade äußerten sich per Internet. Derfranzösische DJ David Guetta hatte wegen des Unglücks seinen Auftrittauf der Hauptbühne abgesagt. «Was heute geschehen ist, istherzzerreißend und noch nie dagewesen», schrieb Guetta auf seinerTwitter-Seite. Er rief seine Fans auf, ruhig den Heimweg anzutretenund sprach den Angehörigen der Opfer sein Mitgefühl aus.

In einem waren sich viele Internetnutzer einig: Die Katastrophevom Samstag wird womöglich das Ende des einst als BerlinerFriedensdemonstration begonnenen Raver-Treffens bedeuten. Ein Hörervon 1Live schrieb: «Meiner Meinung nach war die Love-Parade 2010 dieletzte seiner Art, dieses Unglück werden die Fans nie mehr vergessenkönnen.»