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Diebstahl von DDR-Geld Diebstahl von DDR-Geld: Angeklagte kamen mit Bewährung davon

25.07.2002, 14:08
Von Sammlern begehrt: 200- und 500-Mark-Scheine
Von Sammlern begehrt: 200- und 500-Mark-Scheine dpa

Halberstadt/dpa. - Der Diebstahl wurde bemerkt und endete vor dem Amtsgericht Halberstadt, das die 24 und 26 Jahre altenMänner am Donnerstag zu jeweils vier Monaten Haft auf Bewährung verurteilte.

Der Fall ist ebenso einmalig wie kurios. Eine Verurteilung wegenDiebstahls von entwerteten Banknoten hat es in der deutschenRechtsprechung noch nicht gegeben. Gericht und Verteidigung warensich lange Zeit nicht darüber einig, nach welchem Maßstab der Wertder Beute bemessen werden sollte. Während der Verhandlung drängtensich solche Fragen auf, wem das unbrauchbare Geld eigentlich gehörtund ob der Einstieg in einen bereits offenen Stollen als Einbruchgewertet werden kann. Ein Gutachter bezifferte den Sammlerwert derScheine schließlich auf etwa 3000 Euro.

Die beiden Halberstädter wehrten sich vor Gericht gegen denVorwurf, sie hätten die DDR-Geldscheine in Bares umwandeln wollen.Neben gängigen 50-Mark-Banknoten ließen die Diebe aber auchdruckfrische 200-Mark- und 500-Mark-Scheine mitgehen. Diese Scheine,die zu DDR-Zeiten nicht mehr in Umlauf kamen, sind aber nachGutachtermeinung inzwischen begehrte Sammlerstücke und etwa 25 Europro Stück wert.

Das einst von NS-Zwangsarbeitern und KZ-Häftlingen angelegte undspäter von der DDR-Volksarmee und Bundeswehr genutzte Stollensystemwar als Milliardengrab alter DDR-Geldscheine allgemein bekannt. Nachder Währungsunion wurden die alten Banknoten auf Anweisung der DDR-Staatsbank, deren Rechtsnachfolge die Kreditanstalt für Wiederaufbau(KfW) später übernahm, in einem Teil des weit verzweigten Systemseingelagert. Dort sollten sie verrotten.

Doch der zugemauerte Stollen war längst geknackt und zur Partyoasefür Jugendliche geworden. Ein Eindringen in den Stollen war ohnegrößere Anstrengungen möglich. Deshalb hatte die Verteidigung aufFreispruch plädiert: Ihrer Ansicht nach hatten die beidenOrtsansässigen etwas mitgenommen, was niemandem gehört. Sie sprachvon «aufgegebenem Eigentum». Auch der Einbruchsvorwurf sei nichthaltbar, da der Stollen bereits offen stand. Auch wenn das Gerichtdieser Argumentation nicht folgte, fielen die Strafen dochvergleichsweise milde aus.

Die Gefahr, dass Halberstadt zu einem Mekka für DDR-Nostalgikeroder eingefleischte Sammler wird, besteht ohnehin nicht mehr. Nachdemdie 3000 Tonnen Papiergeld die untergegangene DDR länger als geplantüberdauerten und nicht wie vorgesehen verrotteten, wurden diewiderstandsfähigen Scheine vor wenigen Wochen in einerMüllverbrennungsanlage endgültig vernichtet.