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Design Design: Einziges französisches Modehaus mit Franzosem als Chef

Von Axel Botur 09.08.2005, 08:24
Der französische Modedesigner Jean-Paul Gaultier (53) küsst nach dem Ende der Präsentation seiner Frühling-/Sommer-2005-Kollektion in Paris ein Model. Mit seinem Mix aus Sex, Kitsch und Humor elektrisierte der Franzose von Anfang an ein junges und extrovertiertes Publikum. Seine erste eigene Kollektion veröffentlichte er 1976. Doch erst 1997 fand er auch die große, allgemeine Anerkennung, als er erstmals neben der Mode von der Stange eine Haute Couture-Kollektion entwarf. Foto: Barthelemy. (Foto: dpa)
Der französische Modedesigner Jean-Paul Gaultier (53) küsst nach dem Ende der Präsentation seiner Frühling-/Sommer-2005-Kollektion in Paris ein Model. Mit seinem Mix aus Sex, Kitsch und Humor elektrisierte der Franzose von Anfang an ein junges und extrovertiertes Publikum. Seine erste eigene Kollektion veröffentlichte er 1976. Doch erst 1997 fand er auch die große, allgemeine Anerkennung, als er erstmals neben der Mode von der Stange eine Haute Couture-Kollektion entwarf. Foto: Barthelemy. (Foto: dpa) SIPA

Hamburg/Paris/dpa. - Gaultier, das gängige Klischee: Ein Designer, der Männer in Röckesteckt und Frauen Korsagen anzieht mit nichts darüber, verstehtsich. Ein böser Bube, der Mode als untragbares Spektakel inszeniertund sich prächtig amüsiert, wenn das Publikum fassungslos auf denLaufsteg starrt.

«Lange Zeit glaubte man, ich würde Mode entwerfen, um zuschockieren. Erst später haben meine Kritiker erkannt, dass mir beialler Extravaganz die Kleider immer am wichtigsten waren», sagteGaultier einmal. Doch sein Talent im Umgang mit Schnitt undSilhouette offenbarte sich eben erst beim genauen Blick unter diefantasievoll gestaltete Oberfläche.

Der 1952 nahe Paris geborene Gaultier fertigte schon alsSchuljunge Modeskizzen an. Zum Leidwesen seiner Lehrer auch imUnterricht. Nach Assistenzstellen in verschiedenen Häusern, unteranderem bei Pierre Cardin und Jean Patou, debütierte er 1976 untereigenem Namen. Schon bald elektrisierte sein Mix aus Sex, Kitsch undHumor ein junges und extrovertiertes Publikum. Doch erst 1997 fander auch die große, allgemeine Anerkennung. Jean-Paul Gaultierentwarf erstmals neben der Mode von der Stange, der Pret-á-Porter,eine Haute-Couture-Kollektion.

Die große Pariser Maßschneidekunst galt in jener Zeit wiedereinmal als vom Aussterben bedroht, ein Mann vom Schlage Gaultierskam ihr gerade recht. Und mögen auch stets nur die Bilder seinerextravagantesten Modelle um die Welt gehen, in jeder seiner Couture-Shows findet auch tragbare Tagesgarderobe ihren Platz. Im Jahr 1999veräußerte er dann 35 Prozent seiner Firmenanteile an das PariserLuxusunternehmen Hermès. Und nicht nur das: Ab 2004 sollte er hieraußerdem den Chefdesigner geben.

Die Branche war berauscht und besorgt zugleich. Würden ihm inDiensten des einst einem Sattlerbetrieb entwachsenen Edelklassikersalle kreativen Pferde durchgehen? Nein, Gaultier hatte nicht vor,Hermès die eigenen Werte aus den Kleidern zu schütteln. Sein Debütglich eher einer Hommage, die er mit liebevoller Ironie untermalte.So integrierte er etwa die braunen, mit dem Hauslogo bedrucktenBänder, die in den Boutiquen als Verpackungsaccessoire dienen, alsDruckmotiv auf einigen Kleidern.

Nicht nur die Franzosen sind von so viel Takt bei all derkreativen Energie beglückt, auch seine Kollegen sprechen stets nurmit Hochachtung von dem 53-jährigen Designer. Giorgio Armani etwabeschied ihm, «etwas heute sehr Seltenes zu besitzen: einen eigenenStil». Und Pierre Bergé, langjähriger Partner an der Seite von YvesSaint Laurent und sonst legendär für seine Stutenbissigkeit, sagteeinmal: «Er ist weit und breit der einzige Couturier mit Talent.»

Womöglich wäre Gaultier sogar der Nachfolger Saint Laurents indessen Atelier geworden. Immer häufiger nahm er in den letztenDienstjahren des Altmeisters als Zuschauer an den Defilees teil. DerPakt schien beschlossen. Doch mit dem Verkauf des Hauses Yves SaintLaurent an die italienische Gucci-Gruppe erlosch diese Option.

Ist das Enfant terrible aber nun völlig domestiziert? Nun, imJahr 2003 lancierte er eine Make-up-Serie mit Kajalstift undPuderdose für den Mann. Ein Tabubruch? Nicht für Gaultier: «Warumsollen sich nur Frauen schön machen dürfen? Früher putzten sich dieMänner schließlich auch wie die Pfauen heraus.» Die revolutionäreFlamme, sie lodert also doch noch in ihm.

Ein Model präsentiert auf dem Laufsteg in Paris eine Kreation aus der Herbst-/Winter-2005/2006-Kollektion von Jean-Paul Gaultier. (Foto: dpa)
Ein Model präsentiert auf dem Laufsteg in Paris eine Kreation aus der Herbst-/Winter-2005/2006-Kollektion von Jean-Paul Gaultier. (Foto: dpa)
SIPA