Der Flughafen Tempelhof ist Geschichte
Berlin/dpa. - Der älteste Verkehrsflughafen der Welt, Berlin- Tempelhof, ist Geschichte. Am Donnerstagabend um 22.17 Uhr hob das letzte Linienflugzeug ab, eine Propellermaschine der Cirrus Airlines mit dem Ziel Mannheim.
Bei einer Abschiedsfeier am Abend mischte sich in die Vorfreude auf den neuen großen Hauptstadt-Airport Wehmut und Ärger über die Schließung des geschichtsträchtigen Flughafens, der 1923 eröffnet worden war.
Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) erntete neben Applaus auch Pfiffe und Buhrufe, als er die Schließung des «Luftbrücken»-Flughafens verteidigte. «Wir müssen nach vorne schauen», forderte das Stadtoberhaupt und hob hervor, das zentral gelegene Gelände des Flughafens biete große Chancen für die Stadtentwicklung.
Nach 85 Jahren wird Tempelhof zugunsten des Hauptstadtflughafens in Schönefeld geschlossen, der Ende 2011 in Betrieb gehen soll. Gegen Mitternacht sollten ein historischer «Rosinenbomber» und eine «Tante Ju» von der Startbahn abheben. Mit dem Parallelstart der Flugzeug-Oldtimer endet der Flugbetrieb für immer.
Flughafenchef Rainer Schwarz sagte, das grandiose Erbe von Tempelhof werde bleiben, unabhängig davon, ob dort Flugzeuge starteten. Er rechtfertigte die für Mitternacht geplante Schließung des Airports, da die Bündelung des Luftverkehrs auf dem künftigen Großflughafen einer zwingenden wirtschaftlichen Logik folge. Berlin könne somit von der Wachstumsbranche Luftverkehr profitieren. Mit der Fertigstellung von Schönefeld soll auch der dritte Berliner Flughafen in Tegel geschlossen werden.
Für den Linienverkehr hatte Tempelhof zuletzt kaum noch Bedeutung. Die Flughafengesellschaft musste jährlich zwischen zehn und fünfzehn Millionen Verluste verbuchen. Ein Volksentscheid zur Offenhaltung von Tempelhof war im Frühjahr gescheitert. Was aus dem Gebäude und dem riesigen Flugfeld am Rande der Innenstadt wird, ist noch ungewiss.
Vor dem Flughafen hatten am Donnerstag mehr als 100 Berliner mit Kerzen und Trillerpfeifen gegen die Schließung protestiert. Auf Transparenten stand «Tempelhof retten», «Nie aufgeben» oder «Wird auch das Brandenburger Tor eingemottet?». Hunderte Fans statteten dem historischen Komplex einen letzten Besuch ab. Einige stellten am Abfertigungsgebäude aus Protest gegen die Schließung Grablichter auf, andere machten Fotos oder reihten sich für einen Sonderstempel der Post in lange Schlangen ein.
Zahlreiche Luftfahrtfreunde nutzten auch die letzte Gelegenheit zu Landungen auf dem geschichtsträchtigen Flughafen. Auf dem Flugfeld herrschte noch einmal Hochbetrieb: Etliche Flugzeuge starteten zu Rundflügen über die Stadt, bevor um Mitternacht der Flugbetrieb für immer eingestellt werden sollte. Einige Maschinen müssen dann in den nächsten Tagen möglicherweise per Tieflader vom Rollfeld gefahren werden. Ihre Besitzer hatten die Kleinmaschinen am Abend noch immer nicht von Tempelhof fortgeflogen. «Um 24 Uhr endet der Flugbetrieb», stellte ein Flughafensprecher klar. Wer dann nicht weg sei, müsse seine Maschine zerlegen und per Tieflader vom Gelände fahren lassen.