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Christopher Street Day Christopher Street Day: Lesben und Schwule ziehen kunterbunt durch Berlin

Von Leticia Witte 28.06.2008, 15:25
Den 30. Christopher Street Day (CSD) feiern diese Männer am Samstag in der Nähe des Brandenburger Tores in Berlin. (Foto: dpa)
Den 30. Christopher Street Day (CSD) feiern diese Männer am Samstag in der Nähe des Brandenburger Tores in Berlin. (Foto: dpa) dpa

Berlin/dpa. - Rund 500 000Teilnehmer und Zuschauer waren es laut Veranstalter. «Es war einguter Erfolg und ein friedliches Fest», sagte eine CSD-Sprecherin.

Erstmals war der Umzug mit 49 Wagen im Osten der Stadt gestartet.Die Teilnehmer - vielfach in bunten und aufwendigen Kostümen - zogenbei regnerischem Wetter über den Boulevard Unter den Linden. DerUmzug endete am Abend an der Siegessäule mit einer Kundgebung, derVerleihung von Zivilcouragepreisen und einer Party, die bis in dieNacht dauerte. Am Vormittag hatten Politiker sowie Lesben- undSchwulenverbände an einer Gedenkfeier am neuen Denkmal für die imNationalsozialismus verfolgten Homosexuellen teilgenommen.

Einer von ihnen ist Rudolf Brazda. Der 95-Jährige war wegen seinerHomosexualität von 1941 bis 1945 im Konzentrationslager Buchenwaldeingesperrt. Am Samstag war der in Süddeutschland lebende Mann inBerlin - am Denkmal und bei der Parade. «Ein schreckliches Leben wardas», sagte Brazda, dem während des Gedenkens Trauer und Schmerzdeutlich ins Gesicht geschrieben standen. Auf die Frage, wie er sichdenn heute fühle, meinte Brazda: «Ich muss sagen, ich fühle mich imParadies in der Demokratie.» Später dann fuhr der 95-Jährige auf demCSD-Wagen des Lesben- und Schwulenverbandes Berlin-Brandenburg mit.

Die Zivilcouragepreise gingen unter anderem an Maria SabineAugstein, Anwältin und Tochter des Spiegel-Gründers Rudolf Augstein,und an die Schauspielerin Maren Kroymann. Sie wurden für ihrEngagement für Homosexuelle und Transsexuelle ausgezeichnet.

Zum ersten Mal in seiner Amtszeit nahm Berlins RegierenderBürgermeister Klaus Wowereit (SPD) weder am Start der Parade teil,noch sprach er bei der Abschlussveranstaltung. Der Senat hatteTermingründe angegeben. Der CSD will an Ereignisse in New York am 28.Juni 1969 erinnern. Damals hatten sich Homosexuelle in derChristopher Street erstmals gegen Polizeiwillkür gewehrt.

An seinem 30. Geburtstag stand die Berliner Parade unter dem Motto«Hass du was dagegen?». Damit wollten die Veranstalter auf die fasttägliche Gewalt gegen Homosexuelle aufmerksam machen. Detlef Mücke,Gründer der Gruppe Schwule Lehrer in der Gewerkschaft Erziehung undWissenschaft, sagte: «Wir stellen fest, dass "schwule Sau" alsSchimpfwort immer mehr zunimmt.» Oftmals wüssten Schüler aber garnicht, was «schwul» eigentlich bedeute.

Bei der Gedenkfeier am Tiergarten forderte BundestagsvizepräsidentWolfgang Thierse (SPD) ein aktives Gedenken. «Es geht um eine Kulturder Humanität, der Anerkennung.» Es habe lange gedauert, bis es dasEnde Mai eröffnete Mahnmal für Homosexuelle in Deutschland gegebenhabe.

Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth sagte: «Es gibt viele Gründezu feiern.» Aber noch immer würden Homosexuelle zum Beispiel beimAdoptionsrecht benachteiligt. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete VolkerBeck erklärte: «Die Lesben und Schwulen in Deutschland haben denStillstand bei der Gleichstellung endgültig satt.» Die Ehe müsse auchfür schwule und lesbische Paare möglich werden. Die Bundesregierungmüsse sich stärker für Menschenrechte von Homosexuellen engagieren.«Homophobie ist Gift für das Klima im Land.»