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China China: Zweite Stadt durch Umweltkatastrophe ohne Wasser

25.11.2005, 07:05
Nach der Umweltkatastrophe kam es in China zu Hamsterkäufen von Wasser. (Foto: dpa)
Nach der Umweltkatastrophe kam es in China zu Hamsterkäufen von Wasser. (Foto: dpa) Featurechina

Peking/dpa. - Nach der versuchten Vertuschung des Chemieunglücksin Nordostchina ist das Ausmaß der Umweltkatastrophe am Freitag nochdeutlicher geworden. Schon weit mehr als 100 000 Einwohner der StadtSongyuan hatten bis Mittwoch sechs Tage lang ohne Leitungswasserauskommen müssen, während der Giftteppich auf dem Fluss Songhua dieStadt passierte, berichtete ein Sprecher telefonisch der DeutschenPresse-Agentur (dpa) in Peking. Bisher war bestritten worden, dassdie Stadt überhaupt betroffen war. Offen übten chinesische Medienscharfe Kritik, dass die Provinzregierung und die China NationalPetroleum Corporation (CNPC) als Betreiber des Chemiewerkes nach demUnglück am 13. November «die Wahrheit verschwiegen haben».

In der Stadt Songyuan, die etwa auf halbem Weg zwischen demUnglücksort Jilin und der jetzt betroffenen Millionenstadt Harbinliegt, musste die Wasserversorgung schon von Freitag bis Mittwochunterbrochen werden, räumte der Sprecher ein. Niemand habe aberVergiftungen durch das Benzol und Nitrobenzol erlitten, beteuerte er.Nach der Explosion in der Chemiefabrik war das Flusswasser auf 80Kilometer verschmutzt worden, doch hatte das Unternehmen tagelangbeteuert, nichts damit zu tun zu haben, wie chinesische Medienkritisierten. «Das Unternehmen wusste sehr genau über dieVerschmutzung und die möglichen Konsequenzen Bescheid, aber wollte esals Geheimnis für sich behalten», kommentierte die «China Daily».

Die Zentralregierung in Peking entsandte am Freitag eine ranghoheArbeitsgruppe verschiedener Ministerien nach Harbin, um zu ermitteln.Die Konzentrationen von Nitrobenzol im Flusswasser erreichten inHarbin das 33fache der zulässigen Grenzwerte, berichtete dieNachrichtenagentur Xinhua. Im inneren Stadtgebiet von Harbin mitseinen vier Millionen Einwohnern ist das Wasser seit zwei Tagenabgestellt. Mehr als 1000 Tonnen Aktivkohle sollen am Freitagabendmit Lastwagen aus zwei Nachbarprovinzen nach Harbin transportiertwerden, um das Trinkwasser reinigen zu können.

In den Wasserwerken soll der poröse Kohlenstoff bei der Filterungdes Wassers eingesetzt werden. Aktivkohle kann wegen seiner großenspezifischen Oberfläche Schadstoffe aufnehmen und wird häufig zurReinigung von Industrieabwässern benutzt. Eine zusätzliche Schichtsoll in Filterbecken eingezogen werden. Die Stadt hat aber bislangbei weitem nicht genug Aktivkohle. Doch soll am Sonntag dieWasserversorgung wieder aufgenommen werden. Es wurde allerdingsgewarnt, dass das Leitungswasser anfangs nicht als Trinkwasserbenutzt werden könne, bis alle Ablagerungen ausgespült seien.

In Russland wuchs die Angst vor der Giftkatastrophe, da Songhua ander Grenze in den Strom Amur fließt. Der Giftteppich fließt langsamauf die Stadt Chabarowsk im russischen Fernen Osten zu. NachHamsterkäufen gab es erste Engpässe bei Trinkwasser.

Die Ausbreitung des Benzols Richtung Russland (Grafik: dpa)
Die Ausbreitung des Benzols Richtung Russland (Grafik: dpa)
dpa