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China China: Nach Erdbeben bereits fast 9 000 Tote bestätigt

12.05.2008, 11:32

Peking/dpa. - Beim schlimmsten Erdbeben in China seit 32 Jahrensind am Montag fast 9000 Menschen ums Leben gekommen. Die Behördenbefürchten, dass die Zahl der Opfer noch deutlich steigt, denn vielezerstörte Gebiete waren Stunden nach der Naturkatastrophe nochunzugänglich. Zehntausende Menschen wurden obdachlos. Das Erdbebender Stärke 7,8 hatte mehrere Provinzen im Südwesten des Landesgetroffen und war bis nach Thailand und in Peking zu spüren. Schwerbetroffen war die Provinz Sichuan, wo es allein im Landkreis Beichuanbis zu 5000 Tote und 10 000 Verletzte geben soll. 80 Prozent derHäuser seien zerstört.

Das Schicksal von einigen hunderttausend Menschen in anderenschwer betroffenen Gegenden war zunächst ungeklärt. Mindestens dreiLandkreise der Präfektur Aba waren von der Außenwelt «völligabgeschnitten», da die Straßen beschädigt oder von Erdrutschenblockiert waren. Das Militär hat tausende Soldaten, Hubschrauber undBergungsteams mit Suchhunden entsandt. Allein in Sichuan wurden 8533Tote bestätigt, wie die Nachrichtenagentur Xinhua berichtete. In denProvinzen Gansu, Shaanxi, Yunnan und der Metropole Chongqing wurdenmindestens weitere 160 Tote offiziell bestätigt.

Deutsche sind nach ersten Erkenntnissen des Auswärtigen Amtesnicht betroffen. Die Botschaft in Peking stehe aber in Kontakt mitden chinesischen Behörden. Eine Ministeriumssprecherin konnte amMontagabend keine genaueren Abgaben machen, wie viele Bundesbürgersich in der Erdbebenregion aufhielten.

Regenfälle erschwerten eine schnelle Hilfe für die Überlebenden.Die Telefonverbindungen waren unterbrochen. Auch das Handynetz brachwegen des Ansturms besorgter Anrufer zeitweise zusammen. Besondersder Landkreis Wenchuan, wo das Epizentrum lag, sowie Lixian undMaoxian rund 100 Kilometer von der Provinzhauptstadt Chengdu entferntwaren betroffen. Bergungstrupps dürften den möglicherweise schwerzerstörten Kreis Wenchuan voraussichtlich erst in den frühenMorgenstunden des Dienstags (Ortszeit) erreichen. In dem Landkreisliegt auch das berühmte Panda-Zuchtgebiet Woolong.

Regierungschef Wen Jiabao flog ins Erdbebengebiet. Präsident HuJintao rief die Behörden zur Hilfe für die Opfer auf. Telefonischübermittelte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) demchinesischen Außenminister sein Mitgefühl für die Opfer. Er bot auchdeutsche Hilfe an. Auch die EU-Kommission hat Hilfsbereitschaftsignalisiert. US-Präsident George W. Bush bekundete sein Mitgefühlmit den Opfern und Hinterbliebenen. Besonders die Zahl der von derTragödie betroffenen Kinder und Studenten mache ihn traurig, hieß esin einer in Washington veröffentlichten Erklärung. Er bot Hilfe «injeder nur möglichen Weise» an.

In einer einzigen zerstörten Schule in Dujiangyan sollen fast 900Schüler verschüttet worden sein. Die dreistöckige Juyuan-Schulestürzte teilweise ein, als in 18 Klassen jeweils 50 Kinder Unterrichthatten, wie die Staatsagentur Xinhua berichtete. Einige verschütteteKinder versuchten, sich selbst aus den Trümmern zu befreien. «Andereriefen nach Hilfe», berichtete Xinhua. In der Stadt Shifang inSichuan begruben die Trümmer einer einstürzenden Chemiefabrik mehrerehundert Arbeiter unter sich, wie amtliche Medien berichteten. Mehrals 80 Tonnen Ammoniak traten aus. Etwa 6000 Anwohner mussten vor dengefährlichen Dünsten der Chemikalie in Sicherheit gebracht werden.

Das Erdbeben passierte um 14.28 Uhr Ortszeit (8.28 Uhr MESZ) etwazehn Kilometer unter der Erdoberfläche. Das Pekinger Erdbebenamtsprach von einer Stärke 8,0, doch gaben andere seismologischeInstitute in China und den USA die Stärke übereinstimmend mit 7,8 an.Die Erdstöße, Nachbeben und nachfolgende kleinere Beben waren in dergesamten asiatischen Region bis Bangkok und ins 1500 Kilometerentfernte Peking sowie in den Hafenstädten Hongkong und Shanghai zuspüren, wo die Wolkenkratzer schwankten. Die Olympiastadt Pekingerlebte sieben Minuten nach dem Erdbeben in Sichuan ein Beben derStärke 3,9. Mehrere Bürohäuser in der Hauptstadt wurden evakuiert.Ein Seebeben der Stärke 5,1 wurde aus Taiwan gemeldet.

In der Metropole Chengdu in Sichuan rannten die Menschen in Panikauf die Straße, wie Augenzeugen berichteten. «Ich sah einen großenRiss in der Wand eines Hauses», berichtete eine Frau telefonisch. Invielen Städten flüchteten die Menschen in Panik auf die Straßen. DieFlüge in die Provinzhauptstadt wurden vorübergehend eingestellt. Auchder Bahnhof wurde zeitweise gesperrt. Der nur 700 Kilometer vomEpizentrum entfernt gelegene gigantische Drei-Schluchten-Damm amJangtse-Strom in Zentralchina ist nach offiziellen Angaben nicht vomErdbeben betroffen gewesen. «Es gibt keine Anzeichen», sagte einSprecher des Betreibers laut Xinhua. «Alles läuft normal.» Durch diestarken Erdstöße und nachfolgende Beben seien auch 180 Züge gestopptworden, berichtete das Eisenbahnministerium.

Drei Monate vor Beginn der Olympischen Spiele in Peking blicktauch die Sportwelt besorgt nach China. IOC-Präsident Jacques Roggebezeichnete das Erdbeben als «riesiges Desaster» und versprachUnterstützung durch das Internationale Olympische Komitee. «Dieolympische Bewegung ist auf eurer Seite, ganz besonders in diesenschweren Momenten. Unsere Gedanken sind bei euch», schrieb der IOC-Chef am Montagabend an Chinas Präsident Hu Jintao.

Das bisher schlimmste Erdbeben der neueren Geschichte Chinasereignete sich im Juli 1976 in der nordostchinesischen StadtTangshan. Damals kamen mindestens 242 000 Menschen ums Leben.

Schweres Erdbeben in China (Grafik: dpa)
Schweres Erdbeben in China (Grafik: dpa)
dpa