Charité Berlin Charité Berlin: Weitere 15 Todesfälle werden überprüft

Berlin/dpa. - Dazu werdendie Akten von 15 toten Patienten aus den vergangenen zwei Jahren andie Staatsanwaltschaft übergeben, sagte der Direktor des Centrums fürInnere Medizin, Professor Gert Baumann, am Freitag der dpa. Am Vortagwar Haftbefehl gegen die 54-jährige Charité-Krankenschwester erlassenworden. Sie soll zwei schwer kranke Männer mit einer Medikamenten-Überdosis getötet haben. Die Frau hat laut Staatsanwaltschaft den«Ablauf beider Taten» gestanden.
Unterdessen forderte die Deutsche Hospiz Stiftung, im Fall vonPatiententötungen nicht allein die Täter zur Verantwortung zu ziehen.Krankenhäuser und Pflegeheime müssten mithaftbar gemacht werden.
Die Charité hatte am Donnerstag angekündigt, rund 130 Todesfälleauf der Intensivstation der Kardiologie seit Juni 2004 genauer zuuntersuchen. Eine erste Durchsicht der Unterlagen ergab nun, dasswährend der Dienstzeit der inhaftierten Krankenschwester 15 Patientenin den letzten zwei Jahren gestorben sind. Baumann sagte, er habediese Prüfung durch die Staatsanwaltschaft selbst vorgeschlagen, umden Fall aufzuklären. Die Krankenschwester ist seit zehn Jahren beider Charité angestellt.
Ermittler würden die Charité-Papiere auf mögliche weitereTötungsdelikte prüfen, so bald sie da seien, sagteStaatsanwaltschafts-Sprecher Michael Grunwald der dpa. Noch istungewiss, ob die Krankenschwester möglicherweise weitere Patientengetötet hat. Ein dritter Fall wird bereits von der Staatsanwaltschaftuntersucht. Auch das Motiv der 54-Jährigen ist weiter unklar.
Die Direktorin der Charité-Klinik für Psychiatrie undPsychotherapie, Isabella Heuser, hob in einem dpa-Gespräch hervor,dass im Fall von Patiententötungen Mitleid und Mitgefühl als Motivealler Erfahrung nach nur vorgeschoben seien. Die Täter würden auchhandeln, wenn die schwer kranken Patienten ihren Pflegern nicht zuerkennen geben, dass sie ihr Siechtum beenden und sterben wollen.Typisch sei auch, dass in der Mediziner-Hierarchie fastausschließlich untergeordnete Kräfte solche Taten begehen.
Die Hospiz Stiftung warnte davor, Patiententötungen zurelativieren. Unzureichend ausgebildetes Pflegepersonal undZeitmangel begünstigen zwar Überforderung, aber sie legitimiertennicht den Einzelfall des Tötens, erklärte der GeschäftsführendeVorstand der Stiftung, Eugen Brysch. «Wir müssen allerdings über dieFrage nach dem Motiv des Einzelnen hinaus denken», sagte Brysch.
Die Schwester war laut Charité als sehr zuverlässige Kraftbekannt. Möglicherweise führte ein persönlicher Schicksalsschlag derFrau zu ihrer Entscheidung, die Patienten zu töten. Wie die «BerlinerMorgenpost» berichtete, war die Schwester der 54-Jährigen im Juli anKrebs gestorben. Zusammen mit einer Bekannten habe die Frau ihreSchwester in einem Pflegeheim besucht. Sie hätten gemeinsam geweintund oft über kranke Menschen gesprochen, hieß es.
