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Burg Hohenzollern Burg Hohenzollern: Krimi auf der Kaiserburg

Von Marc Herwig 30.07.2013, 18:22
Die Burg Hohenzollern bei Bisingen (Baden-Württemberg)
Die Burg Hohenzollern bei Bisingen (Baden-Württemberg) dpa Lizenz

Hechingen/DPA - Es ist ein filmreifer Coup: Unbemerkt dringt ein Einbrecher in die Schatzkammer der Burg Hohenzollern ein. Kiloweise stiehlt er Gold und Juwelen, die einst den deutschen Königen und Kaisern gehört hatten. Keine Alarmanlage schrillt, kein Wachmann merkt etwas. Es war ein penibel vorbereiteter Einbruch, der sich vor 60 Jahren in der Nacht vom 30. auf den 31. Juli 1953 in der Burg bei Hechingen (Baden-Württemberg) ereignet hat.

Das Haus Preußen, dessen Stammsitz die Burg Hohenzollern ist, verlor damals unschätzbare Werte. Der Einbrecher steckte mehrere mit Brillanten besetzte Tabakdosen von Friedrich dem Großen ein, einen preußischen Feldmarschallstab und brillantenbesetzte Kreuze. Auch der letzte existierende von einst 50 Tellern aus massivem Gold verschwand - mit den anderen 49 hatte Friedrich II. den Siebenjährigen Krieg finanziert. Doch die historische Bedeutung kümmerte den Einbrecher nicht. „Er hat alles kurz und klein geschlagen und in Stücke gesägt - es ging ihm nur um Gold, Silber und Edelsteine“, sagt Günther Boetch vom Kriminalmuseum der Akademie der Polizei Baden-Württemberg in Freiburg. Nur die Königskrone und eine Tabakdose, die Friedrich II. einst im Kampf vor einer Kugel geschützt hatte, ließ der Einbrecher zurück.

Wer heute am Fuße des Burgbergs nach Zeitzeugen sucht, stößt schnell auf Heinz Seidenberger. Inzwischen ist er Rentner, aber damals war er gerade zehn Jahre alt - und das machte ihn verdächtig für die Polizei. Das kam so: Zwei Wochen vor dem Einbruch hatte Seidenberger mit seinen großen Brüdern auf dem Zollernberg gespielt. „Da bin ich an einer Stelle plötzlich ausgerutscht, und da kam unter dem Moos ein Bolzenschneider zum Vorschein.“ Die Jungs nahmen ihn mit nach Hause. Doch als zwei Wochen später der Einbruch geschah und das ganze Dorf darüber sprach, war die Fantasie der Jungs entfesselt. „Da haben wir sofort Räubergeschichten zusammengesponnen, wie der Bolzenschneider mit der Tat zusammenhängen könnte“, erzählt Seidenberger.

Ihre Räuberfantasien trafen den Nagel ziemlich genau auf den Kopf, doch das ahnte damals noch niemand. Allerdings bekam ein Lehrer Wind von den Geschichten, die die Jungen in der Schule erzählten. Am nächsten Morgen seien Kripo-Beamte in die Schule gekommen und hätten ihn mit aufs Revier genommen, erzählt Seidenberger. „Ich war der Hauptverdächtige. Die Kripo hat immer gesagt: Das Loch im Fenster zur Schatzkammer ist so klein, da kann nur ein kleines Kind durchpassen.“

Doch letztlich lieferte Seidenberger mit dem Bolzenschneider den entscheidenden Hinweis zur Aufklärung. Über eine Produktionsnummer konnten die Ermittler zurückverfolgen, wo der Einbrecher sein Werkzeug gekauft hatte. Bei dem Händler fand sich ein Lieferschein, erzählt Museumsführer Boetch. Er war unterzeichnet von Paolo del Monte - einem polizeibekannten Hochstapler. Der wurde wenig später festgenommen. Er hatte den Bolzenschneider tatsächlich am Fuße des Berges versteckt. Als er seinen Einbruch starten wollte, war das Werkzeug weg - Seidenberger hatte den Bolzenschneider ja mitgenommen. Del Monte kaufte einen neuen und startete den Coup zum zweiten Mal.

Als der Einbrecher gefasst war, wurde auch klar, wie ein erwachsener Mann durch das winzige Loch in die Schatzkammer gelangen konnte: „Del Monte trat als Schlangenmensch im Zirkus auf“, erzählt Boetch. Er habe einfach einige Leitern aneinandergebunden, sei über die Burgmauer geklettert und habe sich dann wie bei seinen Schlangenmensch-Aufführungen durch das winzige Loch in die Schatzkammer gezwängt.

Die Aufnahme vom 31.07.1953 zeigt im Kriminalmuseum der Akademie der Polizei Baden-Württemberg in Freiburg (Baden-Württemberg) aufgebrochene Vitrinen in der Schatzkammer der Burg Hohenzollern.
Die Aufnahme vom 31.07.1953 zeigt im Kriminalmuseum der Akademie der Polizei Baden-Württemberg in Freiburg (Baden-Württemberg) aufgebrochene Vitrinen in der Schatzkammer der Burg Hohenzollern.
dpa Lizenz