Bremen Bremen: 10 Jahre Haft für Kevins Ziehvater

Bremen/dpa. - Das Landgericht sprach ihn wegen Körperverletzungmit Todesfolge in Tateinheit mit Misshandlung von Schutzbefohlenensowie wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen und Körperverletzungschuldig. Außerdem wurde die Unterbringung in einerEntziehungsanstalt angeordnet, in die er frühestens nach drei Jahrenverbüßter Haft eingewiesen werden soll. Die Leiche des zwei Jahrealten Jungen war im Oktober 2006 im Kühlschrank des drogensüchtigen43-Jährigen gefunden worden.
Der Ziehvater verfolgte den Richterspruch teilnahmslos. «Es bleibtauch für uns nur ein undeutliches und unscharfes Bild», sagte derVorsitzende Richter, Helmut Kellermann, bei der Urteilsbegründung.Das emotionale Schlusswort des Angeklagten mit der Aussage, er wissenicht mehr, was damals passiert sei, stellte Kellermann infrage. «Ichbin ganz ehrlich. Das glaube ich Ihnen nicht.»
Es habe bereits 2004 erste schwere körperliche Misshandlungengegeben. «Es gibt keinen Anhaltspunkt, dass andere Personen hierfürverantwortlich sein können», sagte der Richter über die Rolle desAngeklagten und der ebenfalls drogensüchtigen Mutter, die im November2005 starb. «Sie hatten Angst vor Entdeckung.» Der 43-Jährige habeimmer wieder Ausreden benutzt.
Das Schicksal des Jungen hatte bundesweit für Erschütterung undEntsetzen gesorgt. Fahnder hatten die Leiche des Zweijährigeneingewickelt in Decken und Müllsäcke im Kühlschrank entdeckt. Zudiesem Zeitpunkt war Kevin, der unter der Obhut der Behörden stand,vermutlich schon Monate tot. Bei der Obduktion der Leiche waren rundzwei Dutzend Brüche festgestellt worden. Untersuchungen hattenmassive Fehler bei den Sozialbehörden der Hansestadt ergeben.
Die Staatsanwaltschaft hatte wegen Mordes und schwererMisshandlungen auf 13 Jahre Haft plädiert. Die Verteidiger hattenkeine konkreten Anträge gestellt.
In einer Stellungnahme, die Kellermann wegen des großenöffentlichen Interesses an dem Prozess abgab, sagte der Richter, derSachverhalt lasse keine Schlussfolgerung hinsichtlich derVerantwortung anderer an dem Tod Kevins zu. Allerdings habe essicherlich genügend Situationen gegeben, bei denen diese Katastrophehätte aufgehalten werden können. Nach dem Leichenfund waren schnellmassive Fehler der Sozialbehörden in der Hansestadt bekanntgeworden.Gegen den für Kevin zuständigen Sozialarbeiter und den Amtsvormunddes Kindes steht noch ein Verfahren wegen fahrlässiger Tötung durchUnterlassen bevor.
Kaum ein anderer Fall wurde so sehr Symbol für staatlichesVersagen, wie das Martyrium von Kevin. Bremens Regierungschef JensBöhrnsen sagte am Donnerstag dem Sender NDR-Info, Kevin habe unterAmtsvormundschaft gestanden. Der Staat war zur Führsorge Kevinsverpflichtet, «und er hat versagt mit seinen Behörden und Ämtern imSchutz Kevins vor den Gewalttätigkeiten des Vaters».