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Brandenburg Brandenburg: Schwerverbrecher Schmökel steht SED-Opferrente zu

19.02.2009, 17:05
Der Gewaltverbrecher Frank Schmökel sitzt mit geschlossenen Augen im Verhandlungssaal im Neuruppiner Landgericht. (FOTO: DPA)
Der Gewaltverbrecher Frank Schmökel sitzt mit geschlossenen Augen im Verhandlungssaal im Neuruppiner Landgericht. (FOTO: DPA) dpa

Schwerin/dpa. - Das Gericht habe Anfang Dezember einen ablehnendenBescheid des Schweriner Justizministeriums aufgehoben, teilte einGerichtssprecher am Donnerstag mit. Schmökel hatte als 19-Jährigerversucht, aus der DDR zu flüchten. Er war dafür 1981 vom KreisgerichtDemmin verurteilt worden und saß zehn Monate in Haft.

Derzeit sitzt Schmökel im Maßregelvollzug von Brandenburg/Havel.Nach Angaben des Sozialministeriums in Potsdam kann Schmökel freiüber sein Vermögen verfügen, soweit keine Sicherheitsbedenken dementgegenstehen. So würde etwa der Kauf von Waffen natürlichunterbunden werden. Gefahren durch Schmökels Vermögen seien nichterkennbar.

Nach dem Ende der DDR verübte Schmökel schwere Sexualverbrechenund einen Mord. Das Ministerium ist der Auffassung, dass er deswegenkeinen Anspruch auf die Opferrente hat. Ministerin Uta-Maria Kuder(CDU) hat gegen die Neubrandenburger Entscheidung Beschwerde beimOberlandesgericht Rostock eingelegt.

Im Herbst 2000 hatte Schmökels gewaltsame Flucht bei einem Ausgangaus der Nervenklinik Neuruppin bundesweites Aufsehen erregt. Zuvorwar er wegen Sexualverbrechen zu langjährigen Haftstrafen verurteiltworden. Auf der Flucht erschlug Schmökel einen Rentner. Schließlichwurde er von der Polizei in Sachsen gestellt. Das LandgerichtFrankfurt (Oder) verurteilte ihn Ende 2002 zu einer lebenslangenFreiheitsstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung.

Schmökels Verurteilung wegen «versuchten unerlaubtenGrenzübertritts» von 1981 sei rechtsstaatswidrig gewesen, erklärteder Gerichtssprecher in Neubrandenburg. Das sei 1995 festgestelltworden. Nach Angaben des Schweriner Justizministeriums erhieltSchmökel damals eine Haftentschädigung von umgerechnet etwa zehn Europro Tag.

Im August 2007 trat eine weitere Entschädigungsregelung in Kraft.Danach erhalten Opfer des SED-Regimes, die als finanziell bedürftiggelten, eine monatliche Rente von 250 Euro, wenn sie in der DDR alspolitisch Verfolgte mindestens sechs Monate im Gefängnis saßen.Schmökel stellte einen Antrag beim Amt für Rehabilitation undWiedergutmachung, das zum Schweriner Justizministerium gehört.

Das Amt lehnte ab und berief sich dabei auf das Gesetz. Demnachsind Personen von der Opferrente ausgeschlossen, die gegen dieGrundsätze der Menschlichkeit oder der Rechtsstaatlichkeitverstoßen haben. Das Landgericht Neubrandenburg ist jedoch derAnsicht, dass sich diese Klausel nicht auf gewöhnliche Straftatenbezieht, die nach dem Ende der DDR begangen wurden. Der Bundestagberät derzeit über eine Präzisierung dieser Ausschlussklausel.

Mecklenburg-Vorpommerns Landesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Marita Pagels-Heineking, zeigte sich von derGerichtsentscheidung nicht überrascht. Sie habe bereits imvergangenen Jahr gefordert, Personen, die vor oder nach 1990 zu mehrals drei Jahren wegen gewöhnlicher Straftaten verurteilt wurden, vonder Opferrente auszuschließen. Der Fall Schmökel empöre sie. «Wersolche Straftaten begeht, der verletzt einfach die Menschenwürde.»

Sollte das Oberlandesgericht Rostock die Beschwerde desJustizministeriums abweisen, werde man möglicherweise eine weitereGesetzesänderung anregen, sagte eine Ministeriumssprecherin. DieOpferrente für Schmökel sei nur das «i-Tüpfelchen» in diesem Fall. Eswiderspreche der geltenden Rechtsauffassung, dass ein Mörder diesenAusgleich bekomme.

Wann das Oberlandesgericht entscheidet, ist noch unklar.Üblicherweise würden solche Beschwerden innerhalb von drei bis sechsMonaten entschieden, sagte ein Sprecher in Rostock. «Wobei dieserFall nicht üblich ist», fügte er hinzu.